■ Linsen Souffleé
: Imaginäre und reale Sexszenen

Eine (angeblich) rauhe Sexszene, die Amerikas Feministinnen gegeneinander aufbringt, liegt mehr als 130 Jahre zurück. Das Buch in dem sie beschrieben wird ist knapp 60, der Film 56 Jahre alt. Es handelt sich um die berühmte Szene aus „Vom Winde verweht“, in der Rhett Butler Scarlett O'Hara die Treppe hinaufträgt und die Spekulation was denn wohl danach geschah. Eine glatte Vergewaltigung, sei das gewesen, was Clark Gable der süßen Vivien Leigh da angetan habe, behauptet die feministische Philosophie-Professorin Marilyn Friedman. Christina Hoff Sommers sah die Szene und die Interpretation derselben als Beleg dafür, daß die Feministinnen den Kontakt zur wirklichen (und zur geträumten) Welt der Frauen verloren hätten. Immerhin hatte Margaret Mitchell beschrieben, daß ihre Heldin, als sie ins Dunkel getragen wurde, sexuell hochgradig erregt gewesen sei. Friedman hält das nicht für entscheidend: Jedenfalls in dem „weiteren Sinn“, in dem sie das Wort benutze, sei Scarlett vergewaltigt worden. In einer Kultur, in der ein dominanter Mann sich im Bett nehme, was er wolle, und die Frau das angblich auch noch toll finde, sei es nicht verwunderlich, daß solche Filmszenen Männerphantasien auslösten. Sommers schlug zurück. Ihr kam zu Hilfe, daß sie auf ein anderes Buch zum Thema stieß. Darin hatte Helen Taylor (auch eine Feministin) unter den weiblichen Fans des Romans und des Films ausführliche Umfragen angestellt, um herauszufinden, was sich in der Phantasie der Frauen zwischen Rhett und Scarlett abgespielt hatte. Rauher Sex, den beide genossen hätten, erotisch sehr erregend, wild emotional – so wurde es von der großen Mehrheit beschrieben. Nur sehr wenige kamen überhaupt auf das Wort Vergewaltigung. Während der Kampf unter den Feministinnen weitergeht, erzählt eine andere von der realen Welt in und um Hollywood. Shirley MacLaine, die über ihr Liebesleben selten geschwiegen hat, gesteht in ihrer neuen Autobiographie ein paar weitere Affären. Das Buch der 60jährigen heißt „My Lucky Stars“ und kam letzte Woche im New Yorker Verlag Bantam heraus. Ihre Sexbeziehung zu Robert Mitchum habe ihre im Prinzip „offene“ Ehe zu Steve Allen gefährdet, schreibt sie. Schließlich sei sie nach Indien geflohen, um die Affäre zu beenden – „und weil ich nie wieder drei Tage lang in einem Hotelzimmer auf einen Mann warten wollte“. Mit Danny Kaye hatte sie eine Liaison, von der dessen Frau wußte. Sie erinnert sich auch ihre Beziehung zu Marcello Mastroianni, der sich wiederum selbst an frühere Geschichten erinnerte. Mastroianni sei überzeugt gewesen, mit Faye Dunaway „erfolgreich diskret“ gewesen zu sein, berichtet MacLaine: „Bis sie in London in einer Straße Mitchum und mir begegneten. Wir dachten auch, wir seien erfolgreich diskret gewesen.“ Von ihrem Mann Steve Parker, der das alles hingenommen hatte, hat sich Shirley MacLaine nach 25jähriger Ehe auf den Rat eines Wahrsagers getrennt. Anschließend entdeckte sie, daß er über lange Zeit ihr Bankkonto geplündert hatte: „Steve war der beste Schauspieler, mit dem ich je gearbeitet habe.“ Karl Wegmann