Geldwäsche über illegale Darlehensgeschäfte?

■ Bald Anklage gegen Kaufmann, der 70 Millionen Mark abgezockt haben soll

Naiver gehts nimmer: Über hundert Privatleute und Firmen haben Norbert M. das Geld förmlich nachgeschmissen. Dem verführerischen Angebot von Eurodarlehen unter „konkurrenzlos günstigen Konditionen“ konnten sie einfach nicht widerstehen. Bedenkenlos zahlten sie zehn Prozent der Kreditsumme, um an das versprochene Darlehen in unbegrenzter Höhe mit zehnjähriger Laufzeit bei vier Prozent Zinsen zu kommen. Doch der ehemalige Sponsor des Eishockey-Vereins „EHC Eisbären“ dachte nicht daran, die Leihsummen auszuzahlen. Die Staatsanwaltschaft wird in den kommenden Tagen Anklage wegen Betrugs gegen den Immobilien-Kaufmann erheben, der seit März letzten Jahres in Untersuchungshaft sitzt. Der 32jährige steht im „dringenden Tatverdacht“, so Justizsprecher Frank Thiel, seit 1992 Kreditnehmer in ganz Deutschland um etwa 70 Millionen Mark geprellt zu haben. Es sei auch nicht auszuschließen, so Thiel weiter, daß über die Darlehensgeschäfte Gelder gewaschen wurden. Norbert M., der an vierzig Firmen beteiligt war, habe zwar an der „Spitze“ der Betrügergeschäfte gestanden. Die Kredite seien aber über mehrere Vermittlungsagenturen angeboten worden. Derzeit laufe eine Mehrzahl von Ermittlungsverfahren gegen Personen, die sich „bös- oder gutgläubig“ an dem Deal beteiligten, sagte Thiel. So wird beispielsweise gegen Mitarbeiter der Immobilien- und Kapitalanlagen-Vertriebs GmbH IKV ermittelt. „Die IKV ist quasi M.“, so Thiel. Auch gegen einen ehemaligen Niederlassungsleiter des Allgemeinen Wirtschaftsdienstes, eine Gesellschaft für Wirtschaftsberatung und Finanzbetreuung, läuft ein Ermittlungsverfahren. Er soll IKV-Darlehen zugesagt und mit Norbert M. „gemeinsame Sache“ gemacht haben, so Thiel weiter. Wegen anderer Betrugsgeschäfte sitzt er in U-Haft.

Auch wenn viele der Geschädigten aus den neuen Ländern kommen, trifft nach Thiels Ansicht das Bild des skrupellosen „Wessi“, der ahnungslose „Ossis“ über den Tisch zieht, auf den Beschuldigten nicht zu. Die Geprellten sind in der Regel keine Kleinanleger, denn 100.000 Mark mußten als Mindesteinlage gezahlt werden. Der Justizsprecher ist überzeugt, daß viele ein „Schnäppchen“ machen wollten. Und das spräche nicht für „dumme Ossis“. Die Chancen, daß die Geschädigten ihr Geld zurückbekommen, schätzt Thiel mit „gleich null“ ein.

Rechtsanwalt Hubert Dreyling dagegen, der 500 Geschädigte vertritt, etwa 200 sind aus Berlin und dem Umland, ist überzeugt, daß Norbert M. die Unerfahrenheit der Neufünfländer mit „aberwitzigen“ Kreditangeboten ausgenutzt habe. In seinem Büro seien bereits mehrere Morddrohungen gegen Norbert M. eingegangen, so Dreyling zur taz. Unter seinen Mandanten befänden sich sowohl ehemalige Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften, die „mit Ach und Krach einen Kredit von 200.000 Mark zusammengekratzt“ hätten, als auch „westliche Akademiker“. Eine Frau habe ihren gesamten Lottogewinn von zwei Millionen Mark bei dem Versuch, das Vermögen zu verzehnfachen, in den Sand gesetzt. Barbara Bollwahn