Wolken werden weggepustet

■ In Moskau scheint am 9. Mai die Sonne

Moskau (taz) – Kein Wetterchen soll das Gedenken trüben: Die Aeroflotte des Meteorologischen Dienstes soll am 9. Mai die letzten Wölkchen über Moskau vertreiben und die Gesetze der Aerologie vorübergehend außer Kraft setzen. Was nach Meteoropathologie aussieht, hat Tradition. Bereits in der UdSSR, zu Zeiten des Gut-Wetter-Machens, bläuten Flugzeuge den Himmel, um dem Volk zu zeigen, daß über Moskau immer die Sonne steht. Nun werden reihenweise Staatschefs die Überlegenheit der Technik bestaunen. Zum Jelzin-Clinton-Gipfel sind dann Wolken aber wieder zugelassen.

Unterdessen kündigte Verteidigungsminister Pawel Gratschow für die Feiertagsperiode vom 1. bis 10. Mai einen einseitigen Waffenstillstand in Tschetschenien an. Diese Entscheidung sei in einer Regierungssitzung einmütig gefallen. Ein entsprechendes Dekret Präsident Jelzins wird noch erwartet. Die tschetschenischen Unabhängigkeitskämpfer wollen sich jedoch nicht an die Feuerpause halten. Generaloberst Semjonow kündigte an, Rußland werde ab 1. Juni die Vereinbarungen des Vertrags über Konventionelle Streitkräfte in Europa (KSE) nicht mehr einhalten. „Die Sicherheit und Einheit Rußlands sind wichtiger als die Grundprinzipien dieses Dokuments.“ Seit längerem bemüht sich Moskau, seine Truppenkontingente in Einklang mit den neuen geopolitischen Verhältnissen zu bringen. Der KSE beruht noch auf der alten Blockteilung. Ab 1. Juni soll im Kaukasus die 58. Armee gegründet werden mit 2.400 Panzern. Das wäre ein Vertragsbruch, der aber auf Verständnis stoßen dürfte. khd