■ Cash & Crash
: Die Dollar-Sklaven

Berlin (taz) – Die US-Amerikaner versklaven die Japaner, ganz ähnlich, wie sie es früher mit den Afrikanern machten. Der da vergangene Woche so die Geschichte relativierte, ist der japanische Transportminister Shizuka Kamei. Die neue Sklaverei wird laut Kamei durch die US- Währungspolitik verursacht. Seit Jahresbeginn ist der US-Dollar gegenüber dem Yen 20 Prozent gefallen (gegenüber der D-Mark sind es zwölf Prozent).

In den USA ist ein japanisches Auto inzwischen kaum noch billiger als ein amerikanischer Wagen. Die Exportwirtschaft fühlt sich gebeutelt, ja ausgebeutet von den US-Amerikanern, die alles mit ihren wertlosen Dollars bezahlen. Die Arbeitnehmer kommen langsam ins Schwitzen – aber nicht weil sie schuften müssen wie die schwarzen Sklaven auf den Baumwollplantagen. Nein, durch den Mangel an Arbeit fühlen sie sich unterjocht. Auf für japanische Verhältnisse unerhörte drei Prozent kletterte im März die Arbeitslosenrate.

Und jetzt trifft es auch noch die Finanzwelt. Gestern wurde bekannt, daß die 21 großen japanischen Banken 1994 insgesamt 4,8 Billionen Yen (79 Milliarden Mark) an faulen Krediten abschreiben mußten. Weitere Kredite in Höhe von 12,6 Billionen Yen sind notleidend. Daran sind nicht nur die Amis schuld. Viele Kredite konnten nicht zurückgezahlt werden, als die Immobilien- Seifenblase in Japan platzte. Aber die US-Währungspolitiker sind mitschuldig, wenn die japanischen Banker demnächst in Ketten gehen müssen. Denn einen Teil ihrer Anlagen halten die Banken in Dollar, und die verlieren nun täglich an Wert.

Die Entwicklung wird sich fortsetzen, wenn heute die US- japanischen Handelsgespräche in eine neue Runde gehen. Die Japaner werden sich von den US- amerikanischen Sklaventreibern mit größter Wahrscheinlichkeit nicht zwingen lassen, mehr amerikanische Autos und Autoteile zu importieren. Gestern haben die Devisenhändler die erwartete Nicht-Einigung schon mal vorweggenommen und den Dollar weiter fallen lassen.

Viele Japaner allerdings dürften die angebliche Versklavung durch den Dollar-Imperialismus begrüßen. War doch die frühere Freiheit im wesentlichen die Freiheit, sich ausbeuten zu lassen. Während die Früchte ihrer Arbeit größtenteils exportiert wurden, war der Lebensstandard der Japaner selbst vergleichsweise niedrig. Durch den Wertzuwachs des Yen aber können die Japaner billige Importe genießen – die neuen Sklaven arbeiten weniger und konsumieren mehr. Nicola Liebert