Das beliebte Katz-und- Maus-Spiel am 1. Mai

■ In Berlin und Hamburg lieferten sich Autonome Scharmützel mit der Polizei

Berlin/Hamburg (taz) – Auch am Montag abend war der Kollwitzplatz im Ostberliner Stadtteil Prenzlauer Berg wieder Schauplatz heftiger Auseinandersetzungen: Mit Wasserwerfern und Tränengas räumte die Polizei, wie schon am Vorabend des 1. Mai, den Platz. Doch während das vorwiegend friedliche Walpurgisnachtfest am Sonntag nach Aussagen von Augenzeugen mit vollkommen unverhältnismäßigen Mitteln der Polizei gewaltsam beendet wurde, waren es am Abend des 1. Mai vor allem gewaltbereite Jugendliche, die auf ein Katz-und- Maus-Spiel mit der Polizei aus waren.

Nach Angaben der Polizei zogen etwa 300 „gewaltbereite Störer“ nach dem friedlichen Ende eines Straßenfestes zum Kollwitzplatz, wo sie Straßenbarrikaden errichteten, Feuer entzündeten und Beamte mit Flaschen und Steinen bewarfen. Von den 123 Personen, die bis gestern morgen vorläufig festgenommen wurden, befanden sich gestern nachmittag noch fünf in Haft, die dem Haftrichter wegen schweren Landfriedensbruch, Verstoß gegen das Waffengesetz und versuchte Gefangenenbefreiung vorgeführt wurden. Vier Polizisten seien schwer, 23 leicht verletzt worden. Angaben über Verletzte unter den Jugendlichen konnte die Polizei nicht machen.

Während Augenzeugen überzeugt sind, daß am Vorabend des 1. Mai nichts passiert wäre, wenn die Polizei nicht eingegriffen hätte, brüstete sich Berlins Innensenator Dieter Heckelmann (CDU) gestern mit einer „beeindruckenden Bewältigung“ des 1. Mai: Die „über 150 Festnahmen und die geringsten Sachschäden seit 1987“ seien Beweis dafür, „daß der 1. Mai für die Bürger Berlins seinen Schrecken verloren hat“. Dieser Tag sei „wieder Tag der Arbeit, nicht mehr Tag der Randale“. Aber auch die Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen macht den „maßlos überzogenen Einsatz“ der Polizei am Vorabend des 1. Mai für das „unnötige Eskalieren der Situation“ verantwortlich.

Auch im Hamburger Schanzenviertel kam es am Montag abend bei einer Hausbesetzung zu schweren Auseinandersetzungen mit der Polizei. Ziel der Häuserkampfaktion waren mehrere Wohnungen eines Hauses auf dem Ex-Areal der Gewürzfabrik Hermann Laue, das vor fünf Jahren an einen privaten Investor verkauft worden ist. Seitdem steht es leer und ist immer wieder Ziel von Hausbesetzungen. Am Abend des 1. Mai hatten BesetzerInnen meterhohe Barrikaden aus Bauwagen, Baumaterial und schweren T-Trägern errichtet. Nachdem autonome Streetfighter Geschäfte demoliert und eine Volksbank-Filiale fast völlig zerstört hatten, rückte in den frühen Morgenstunden ein Großaufgebot der Hamburger Polizei und des Bundesgrenzschutzes mit Räumpanzern und Wasserwerfern an. Die folgenden Straßenschlachten zwischen 150 Autonomen und 300 PolizistInnen an den brennenden Barrikaden dauerten zwei Stunden an. Nach Einbruch der Dämmerung räumte die Polizei dann auch die mutmaßlich besetzten Wohnungen, traf aber keine Hausbesetzer mehr an. Nach Polizeiangaben wurden 15 Beamte durch Wurfgeschosse leicht verletzt, festgenommen wurde niemand. Über die Zahl der Verletzten durch den Einsatz von Hochdruckwasserwerfern liegen keine konkreten Angaben vor. Barbara Bollwahn/Kai von Appen