Die magische Drei vor dem Komma mußte sein

■ Im öffentlichen Dienst gibt es 3,2 Prozent mehr – mit Gegengeschäften erkauft

Berlin (taz/AFP/dpa) –Die Beschäftigten im öffentlichen Dienst in West- und Ostdeutschland bekommen vom Mai diesen Jahres an 3,2 Prozent mehr Lohn und Gehalt. Für den April diesen Jahres wurde außerdem eine Einmalzahlung von 140 Mark vereinbart. Der Tarifvertrag gilt bis zum 30. April 1996. Auf dieses Ergebnis haben sich die Tarifpartner von ÖTV und DAG und die Arbeitgeber von Bund, Ländern und Gemeinden am Mittwoch abend geeinigt. In Zusatzklauseln wurden zudem künftige Verhandlungen über Leistungsentgelte und Überstunden verbindlich festgeschrieben.

Laut dem Tarifergebnis wird außerdem künftig auch für die eine Million Beschäftigten im öffentlichen Dienst im Osten die Altersversorgung nach westlichem Muster gelten. Sie soll ab 1. Januar 1997 eingeführt werden. Anspruch auf diese Zusatzversorgung, eine Art „Betriebsrente“ für Staatsdiener, haben die Ostdeutschen ab dem Jahr 2.002. Ab dem Tag der deutschen Wiedervereinigung, also dem 3. Oktober 1990, laufen die Anwartschaften.

Nach Einschätzung der Arbeitgeber wird der nach dem zweitägigen Verhandlungsmarathon erzielte Abschluß etwa 11,6 Milliarden Mark kosten. Jedes Lohnprozent schlage mit vier Milliarden Mark zu Buche.

Kritischster Punkt des Tarifergebnisses ist eine Vereinbarung, nach der künftig im öffentlichen Dienst die Jahresarbeitszeit gilt. Erhöhte Wochenstundenzahlen können somit theoretisch innerhalb eines Jahres abgebummelt werden, ohne daß Überstundenzuschläge fällig sind. Die ÖTV will hier aber noch über die genauen Konditionen „verhandeln“.

Ein zweiter kritischer Punkt: die Tarifpartner sollen sich laut Vertrag über Leistungszulagen einigen. Über die Leistungszulagen werden allerdings nicht die paritätisch besetzten Gremien aus Arbeitgebern und Personalvertretern endgültig entscheiden. Vielmehr solle die Entscheidung über die Vergabe über Leistungszulagen „beim Vorgesetzten“ liegen, so Nordrhein-Westfalens Finanzminister Schleußer, der die Verhandlungen für die Arbeitgeber führte. Die ÖTV hatte sich bislang immer gegen „von oben“ verfügte „Nasenprämien“ gewehrt.

Künftig können Angestellte im öffentlichen Dienst auch ohne „wichtigen Grund“ nur mit befristeten Verträgen abgespeist werden.

„Ich hätte zwar noch mehr gewollt, aber mehr war absolut nicht drin“, resümierte ÖTV–Chef Herbert Mai am Mittwoch abend.

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