Treff um Mitternacht – bei Koenigs

■ Demonstration für den Erhalt von Nachtlokalen und Diskotheken

Frankfurt/Main (taz) – Ungewöhnlicher „Lärmterror“ hielt in der Nacht zu gestern die Anwohner im Frankfurter Stadtteil Bockenheim wach: Knapp 500 DemonstrantInnen, die nach Berichten eines Aufgeweckten keiner bestimmten Szene zugeordnet werden konnten, versammelten sich gegen drei Uhr vor der Wohnung des amtierenden OB Tom Koenigs (Bündnis 90/Die Grünen). Knallkörper wurden gezündet und Parolen skandiert. Etliche seien auf ein Baugerüst gestiegen und hätten mit Eisenstangen auf das Stahlrohrgerüst eingeschlagen, erzählte gestern der entnervte Anwohner.

Als die Polizei eine Stunde später mit einem Großaufgebot anrückte, verschwanden die DemonstrantInnen im Dunkel der Nacht. Wofür oder wogegen die Spontandemo abgehalten worden war, vermochte auch Polizeisprecher Linker nicht zu sagen. Die „üblichen Gruppen“ aus dem linken Spektrum seien nicht gesichtet worden. Linkers These mutet eher skurril an: Eine „eher unpolitische Protestaktion von ganz unterschiedlichen Menschen, vermutlich gegen die Kulturpolitik der Stadt“, habe sich vor dem Haus abgespielt.

Dafür spricht einiges: Wie zu einer Rave-Party hatten die VeranstalterInnen mit „Flyern“ zur Demo gerufen: „Treffpunkt Bahnhofsviertel – um Mitternacht.“ NachtschwärmerInnen in feinem Tuch, Discogänger, Studis und Kulturfreaks will ein anderer Augenzeuge zum verabredeten Zeitpunkt gesichtet haben. Parolen gegen die angeblich rigide Sperrstundenpolitik der Stadt und gegen die „Knebelung“ der Betreiber beliebter Nachtlokale und Diskotheken im Rotlichtviertel seien geschmettert worden. Nach Polizeiangaben sei das „bunte Volk“ dann durch die Innenstadt nach Bockenheim gezogen, wobei bei zwei Autos die Seitenscheiben eingeschlagen und Hauswände beschmiert worden seien, etwa mit dem Spruch: „KOZ muß bleiben!“ Das KOZ ist das Kommunikationszentrum der StudentInnen an der Universität. Klaus-Peter Klingelschmitt