Das Glas-Ei mit Rampe

■ Das Reichstagsgebäude bekommt eine begehbare gläserne Kuppel / Öko-Konzept: Heizen mit Rapsöl und Sonnenenergie

Die Reichstagskuppel soll in der Form eines gläsernen Öko-Eis wiedererstehen. Der Ältestenrat des Deutschen Bundestages beschloß, daß die Kuppel auf dem Dach des zukünftigen Parlamentsgebäudes gerundet ausgeführt wird. Das teilte Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth gestern in Berlin mit. Der endgültige Entwurf des englischen Architekten Sir Norman Foster bildet eine 30 Meter hohe transparente Stahl- Glaskonstruktion, in der eine spiralförmige Rampe zu einer öffentlichen Aussichtsplattform führt. Ursprünglich war geplant, den Dachaufbau Fosters nicht rund, sondern abgeflacht – einem gekappten Ei ähnlich – zu gestalten.

Die neue Reichstagskuppel soll drei Funktionen enthalten: Neben der Besucherplattform für Rundblicke über Berlin in einer Höhe von fast fünfzig Metern werden licht- und lüftungstechnische Trichterbauten für eine natürliche Besonnung und für Frischluft sorgen, erläuterte gestern Dietmar Kansy, Vorsitzender der Baukommission des Bundes. Außerdem erfülle die gläserne Kuppel eine Signalfunktion, so Kuppelfan Kansy. Im Dunkeln könne das Glas-Ei beleuchtet werden und zeigen, „wo das Herz der Republik schlägt“.

Der Licht- und Lüftungstrichter ist nicht der einzige energiesparende Einbau für das Gebäude. Die Energieversorgung für den Strom- und Wärmeverbrauch soll ebenfalls kostensparend und ökologisch realisiert werden, betonte Kansy. Die Heizkraftanlage werde beispielsweise mit Rapsöl betrieben. Das ökologische Energiekonzept für das 17.000 Quadratmeter Nutzfläche fassende Haus war besonders von der Berliner Bundestagsabgeordneten Franziska Eichstädt-Bohlig (Bündnis 90/Die Grünen) in der Baukommission eingefordert worden. Eichstädt-Bohlig will die zukunftsträchtige Technologie und Kraft-Wärmekopplung nicht nur auf den Reichstagsumbau beschränkt sehen, sondern die Öko-Versorgung auf alle Bauten im Spreebogen ausdehnen.

Der Umbau des Gebäudes wird nach Auskunft von Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth im Frühjahr 1999 beendet sein. Die Kosten bezifferte Süssmuth auf 600 Millionen Mark. Sie – ebenso wie Kansy – wies die Kritik des Steuerzahlerbundes zurück, der forderte, den Umbau auf 100 Millionen zu beschränken. Kansy: „Wir bauen nicht großkotzig, aber wir zeigen Flagge.“ Im Innern wird derweil der Reichstag entkernt, damit dort Raum für den neuen Plenarsaal entsteht. Die kyrillischen Inschriften der Rotarmisten aus den Kriegstagen von 1945 sollen erhalten werden, so Kansy. Neben den Vorbereitungen für den Baubeginn 1996 werden derzeit „Christo-Gerüste“ auf dem Dach montiert. Rolf Lautenschläger