Verdeckt ermittelt
: Unter den Augen der Polizei

■ Bewährung für Kokain-Dealer

Eine „freundliche Entscheidung“ fällte gestern die Große Strafkammer III am Bremer Landgericht. Zwei Jahre auf Bewährung wurden für Beihilfe zum Handel mit Betäubungsmitteln ausgesprochen. „Die Strafzumessung mag in der Öffentlichkeit auf Unverständnis stoßen“, befürchtete der vorsitzende Richter, Bernd Crome.

Zu verantworten hatte sich ein heute 25 jähriger Türke, dem zur Last gelegt wird, vor zwei Jahren am Verkauf von zwei Kilo Kokain beteiligt gewesen zu sein. Die Tat war unter den Augen der Polizei vonstatten gegangen: Ein verdeckter Ermittler hatte den Stoff bestellt. Die Bremer Kriminalpolizei war eigentlich Autoschiebern auf der Spur und besorgte sich aus Schleswig-Holstein einen verbeamteten Spion. Aus der Autohehlerei hat sich dann ein Drogengeschäft entwickelt. Seit Ende 1994 müssen zwei Türken jeweils dreieinhalb bzw. zweieinhalb Jahre Gefängnis absitzen, weil sie als Mittler für die Polizei aktiv waren.

Die Hintermänner aber, welche die Strafverfolger eigentlich erwischen wollten, gingen durchs Netz. Jetzt stand mit dem 25jährigen ein weiterer Helfer des 2-Kilo-Deals vor Gericht. Die Staatsawaltschaft wollte dem Angeklagten Tatmitwirkung nachweisen, die Verteidigung plädierte auf „Beihilfe“. Da weder der verdeckte Ermittler, noch eine weitere dubiose Gestalt, eine „Vertrauensperson“ der Polizei, geladen waren, blieb weiter im Dunkeln, inwieweit die Kripo mit ihren Methoden die Täter auf sich zog oder die Tat erst durch das vorgetäuschte Kaufinteresse initiierte.

Dem jungen Türken, der sich über einen Kumpel in die Tat verstricken ließ, hielt das Gericht zugute, daß er noch nicht vorbestraft war und auch während der Zeit zwischen Tat und Verhandlung nicht unangenehm aufgefallen war. Zudem gehe er einer „harten Arbeit“ in der Industrie nach. Das Schöffengericht war zu der Meinung gekommen, daß der Angeklagte ein einmaliges Versagen an den Tag gelegt hatte. Beim Strafmaß wollte man sich nicht von Grenzwerten leiten lassen, so begründete Bernd Crome das in seinen Augen milde Urteil. Nach diesen Grenzwerten hätte der Mann mindestens ein Jahr ohne Bewährung bekommen müssen.

Rechtsanwalt Erich Joester freut sich über die Entscheidung. Er hätte für den Fall, daß eine Haftstrafe verhängt worden wäre, weitere Hilfsbeweisanträge gestellt. Das heißt, daß er dann die Justiz kritisch befragt hätte zu Identität und Handeln ihrer verdeckten Ermittler.