Die Mauer-Show

■ In einem Vergnügungspark in Florida können sich ab 1997 Touristen an einem Stück Original-Mauer von DDR-Grenzern kontrollieren, verhaften oder abknallen lassen

Oppositionelle rollen im Restaurant ein Plakat aus. Mehrere Volkspolizisten stürzen auf sie zu, reißen ihnen das Plakat aus den Händen und legen sie in Handschellen. Das passiert wieder und wieder – jede halbe Stunde. Immer dann, wenn die Besucher in dem Restaurant gerade ihren letzten Pfannkuchen in sich hineingestopft oder ein Beck's-Bier hintergekippt haben und nach ihnen neue Gäste kommen. Vielleicht bleibt der eine oder andere aber auch sitzen und diskutiert mit Honecker und Gorbatschow, vielleicht auch mit Ronald Reagan.

Vielleicht guckt der eine oder andere aber auch mit offenen Mund aus dem Fenster. Draußen sieht er die Berliner Mauer. Ein DDR-Bürger versucht gerade abzuhauen, die Grenzposten eröffnen das Feuer. Hat der Grenzer getroffen? Ist der Flüchtende tot? Nach bangen Minuten des Wartens kommen amerikanische GIs und retten den armen Ostler.

„Wir wollen eine seriöse Distanz wahren“, erklärt Hans-Michael Pelzl die Szene und meint damit wohl auch sein Projekt. Pelzl plant gemeinsam mit Jürgen Roßkothen einen ebenso gigantischen wie schwachsinnigen Erlebnispark „Die Mauer“. Er soll in Fort Lauderdale in Florida auf 30 Hektar Fläche gebaut werden. Start des Unternehmens der „Berlin Wall Project Ltd.“: Spätestens Anfang 1997. Seit 1991 sammeln die beiden Berliner alte Uniformen und Alltagsgegenstände aus der DDR. Sie haben sogar einen Original-Grenzstreifen, inklusive Original-Mauer, gekauft. Der ist jetzt schon verschifft und wartet darauf, in den USA wiederaufgebaut zu werden.

Die Werbebroschüre, in der das alles detailgenau geschildert wird, möchte keine Touristen locken, schließlich ist es noch etwas hin, bis das Spektakel stattfinden kann. Nein, die Überschrift verspricht „Kapitalanlage in den USA“ und „Chancen auf solider Basis“. Die beiden Firmenchefs suchen 600 Anleger, die Anteile kaufen – schlappe 50.000 Dollar das Stück. Rund 30 Millionen Dollar soll der Park insgesamt kosten. Amerikaner seien an einer Beteiligung schon interessiert, so Pelzl. In Deutschland wünscht sich der Kaufmann mehr Nachfrage von Leuten „die Geld außerhalb der klassischen Investitionen übrig haben“. Vielleicht sollten wir alle uns das noch einmal durch den Kopf gehen lassen. Schließlich geht es um was. Pelzl: „Das ist eine ,kulturhistorische Gedenkstätte‘“. In Amerika. Noch einmal Pelzl: „Nur dort können wir unsere Vergangenheit spielerisch bewältigen.“ Logisch. Nina Kaden