■ Unbefristete Verlängerung des Atomwaffensperrvertrages
: Konsens ohne Wert

Die Verlängerung des Atomwaffensperrvertrages (NPT) auf der New Yorker Überprüfungskonferenz im Konsensverfahren ist ohne Zweifel ein Erfolg für die Verhandlungsstrategie der offiziellen Atomwaffenmächte, in erster Linie der USA. Wie tragfähig das Ergebnis auf längere Sicht ist, und ob der NPT gestärkt oder geschwächt wurde, muß sich allerdings erst noch zeigen.

Die Konsensentscheidung verdeckt zum einen die Verbitterung vieler Länder des Südens über die Art und Weise, wie Washington, Paris, Großbritannien und Moskau ihr Ziel einer unbefristeten und bedingungslosen Verlängerung mit allen erdenklichen Druckmitteln durchgesetzt haben. Wichtiger noch: Alle politischen Sachkontroversen zwischen den offiziellen Atomwaffenmächten und den atomaren „Habenichtsen“ bleiben bestehen.

In keiner der zentralen Fragen — Abrüstung der Atomwaffenmächte, Weitergabe „ziviler“ Atomtechnologie, Kontrolle von Plutonium — konnte die Konferenz eine Einigung erzielen. Weder in der Bilanzierung der Vertragseinhaltung seit der letzten Überprüfungskonferenz im Jahre 1990, noch mit Blick auf künftige Schritte zur Umsetzung ausnahmslos aller Vertragsartikel durch alle 178 Vertragsstaaten.

Die Annahme eines Konsensdokumentes voller unverbindlicher Prinzipien und Absichtserklärungen kann höchstens für eine kurze Zeitspanne über all diese Konflikte hinwegtäuschen. Umso größer wäre jedoch der Rückschlag, wenn sich die unverbindlichen Absichtserklärungen als nicht ernst gemeint herausstellen. Dieser Effekt könnte bereits eintreten, wenn die Vereinigten Staaten bei der nächsten Verhandlungsrunde der Genfer UNO-Abrüstungskonferenz über einen Atomteststopp offiziell zu erkennen geben, daß sie – wie auch Frankreich und Großbritannien – eigentlich nur Tests ab einer bestimmten Größenordnung aufwärts verbieten, also unterhalb dieser Schwelle munter weitertesten wollen. Oder aber, wenn der in dem Konsensdokument genannte Termin Ende 1996 für den Abschluß eines Teststopp- Abkommens von Frankreich wieder in Frage gestellt wird. Es gibt zahlreiche Indizien, die darauf hinweisen, daß genau diese beiden Ereignisse eintreffen werden.

Spätestens dann dürften auch viele ernsthaft an atomarer Abrüstung interessierte Staaten des Nordens erkennen werden, daß es ein Fehler war, sich von den Atowmaffenmächten auf das Ziel einer unbefristeten, bedingungslosen Verlängerung des NPT festlegen zu lassen, anstatt für den Vorschlag einer Verlängerung um zunächst 25 Jahre mit der Möglichkeit weiterer 25-Jahresperioden zu optieren. Von einer Verlängerung nach diesem Modell, die in New York von einer Staatengruppe unter Führung Indonesiens vorgeschlagen wurde, wäre weit mehr Abrüstungsdruck auf die Atomwaffenmächte ausgegangen. Auch die Chance, Staaten wie Indien und Pakistan zur Unterschrift unter den Atomwaffensperrvertrag zu bewegen, wäre mit diesem Modell erheblich erhöht worden. Andreas Zumach