Auch für Frauen!

■ Neuer Ratgeber der Stiftung Warentest: Infobroschüre und Berater für Mode, Ernährung und Deutschlands Randgruppen

Wochenend' und Sonnenschein. Zu Tausenden radeln die Bundesbürger durch Wald und Flur. Doch schon nach wenigen Kilometern zuppelt es im Rücken, dem Kind wird schlecht, weil der Spezialsitz billig war und gefährlich schaukelt. Und so mancher erlebt ein stacheliges Rendezvous, weil die Bremse erst in den Tannen gegriffen hat und nicht schon vorher.

Solche Erlebnisse kann man vermeiden. Soll es eine Cantileverbremse sein oder eine, die trommelt? Oder ein mit Planeten angereichertes Nabengetriebe? Mit derlei Fragen befaßt sich der neu überarbeitete „Ratgeber Fahrrad“ der Stiftung Warentest. Auf 192 Seiten werden Hobby-RadlerInnen und Profis in spe beispielsweise für den Kauf eines neuen Velos gewappnet: eine nützliche Wissensgrundlage also, die vor profitgierigen Fachhändlern feit und das Kaufkriterium „Farbe“ in den Hintergrund rückt. In leichtverständlicher Sprache erklären die Warentester Sinn und Zweck einzelner Komponenten wie „Rastpedalen“ und Schaltungen.

Doch schon auf Seite 11 – wer hätte das trotz weiblicher Besetzung der Chefredaktion gedacht – werden „Frauen“ zusammen mit „jungen und alten Menschen“ ganz kühn als „Randgruppen“ abserviert. „Sie brauchen dafür keinen Führerschein“, so heißt es dann wörtlich, „und können sich dieses Fahrzeug eher leisten als ein Auto.“ Unklar bleibt, wer die Hauptgruppe der Velozipedisten eigentlich bildet.

Vielleicht doch die Kinder? Ein großes Kapitel befaßt sich mit Rädern für die Kleinen. Nicht nur, daß vor schlampiger Fertigung wie etwa scharfen Kanten und Quetschstellen an den Bremsen gewarnt wird. Jungen Eltern wird auch nahegelegt, wie ihre Dreikäsehochs einen Gleichgewichtssinn erst entwickeln müssen.

Selbst oder gerade ohne Stützräder können aufgeschrammte Knie und Ellenbogen vermieden werden. In farblich abgesetzten Kästen werden Kauftips gegeben. Etwa das mit den Kindern auch die Räder durch entsprechend lange Sattelstützen wachsen sollten.

Ein anderes Kapitel beleuchtet Zubehör wie Ständer, Tachos, Schlösser und Reifen. Und spätestens beim Thema Mode wird klar: Die Tester gehen ins Detail. Fast jeder Knopf der Fahrradgarnitur wird besprochen. So erfahren wir, daß eine Unterhose 25 Gramm wiegt und daß das Gummi einer richtigen Radsporthose „in der Taille fest sitzen muß, sie nicht einschnüren darf, dennoch ein Trikot oder T-Shirt festhalten muß“. Herr, schmeiß Hirn vom Himmel, hier wird der Ratgeber zum Quellekatalog. Und zum Ernährungsberater: Unter dem Photo eines Big-Macs steht ganz lapidar, daß „Kohlenhydrate, Salat und Gemüse sinvoll sind“. Es wimmelt vor Floskeln, die mit Rad und Radfahren kaum noch etwas zu tun haben.

Interessanter wird es dann wieder beim Thema Radreise-Literatur. In der Masse entsprechender Veröffentlichungen haben sich die Warentester aus verschiedenen Verlagsserien jeweils einen Band herausgepickt und kritisch hinterfragt. Das ist neu. Und im Gegensatz zur alten Ausgabe des Ratgebers wurde auf das Kapitel „Hometrainer“ verzichtet.

Der Ratgeber ist gut für Freizeitradler, nichts für den, der selber einspeichen will. Gleichwohl: Geld sparen wollen alle. Ein Velo aus dem Versandhauskatalog muß nicht schlechter sein als ein Markenrad, doch um das zu beurteilen, müssen Männer mittleren Alters und die „Randgruppen“ eben gut informiert sein. Till Streu