Dollar verläßt Grand Canyon

■ Der größte Kurssprung seit vier Jahren / Geplanter Abbau des Haushaltsdefizits der USA und Handelssanktionen gegen Japan pushen den Greenback

Frankfurt/Main (dpa/AFP) – Der Dollar schwappt wieder stärker um die Welt. Die Welle begann Donnerstag abend an der New Yorker Börse. Um 4,4 Pfennig schoß er dort plötzlich nach oben. Seit vier Jahren ist der Dollar an einem Tag nicht mehr so stark nach oben gesprungen. Daraufhin stieg der Dollar auch gestern in Tokio weiter, von 83,8 auf 85,9 Yen. Dem konnte sich die Frankfurter Börse nur noch anschließen, das amtliche Fixing lag gestern Mittag bei 1,445 Mark. Am Montag lag der Dollar noch bei 1,365.

Der japanische Regierungschef Tomiichi Murayama erklärte, der Anstieg des Dollars hänge mit der Übereinstimmung der G-7-Finanzminister auf ihrer Tagung in Washington zusammen. Die führenden sieben Industrieländer waren sich dort laut Murayama einig, daß der Yen gegenüber dem Dollar überbewertet sei.

Auch das US-Repräsentantenhaus und der Senat trugen ihr Scherflein zur Sanierung der eigenen Währung bei. Am Donnerstag billigte der Haushaltsausschuß der Repräsentanten einen Plan zum Abbau des hohen Budgetdefizits der USA. Bis zum Jahr 2002 sollen die Ausgaben der Regierung um rund 1.400 Milliarden Dollar gekürzt werden und die Haushaltsbilanz dann ausgeglichen sein. Ähnliche PLäne gibt es im Senat. Bisher hatten die ständig neuen Schulden der Vereinigten Staaten wie ein Staubsauger ausländisches Kapital angezogen. Das hohe Außenhandelsdefizit, vor allem mit Japan, bleibt davon zwar unberührt. Doch gegen dieses Übel hat Präsident Clinton diese Woche erstmals ernsthaft Strafzölle auf japanische Autoteile angedroht.

Die Devisenhändler wollen noch nicht auf einen dauerhaften Aufschwung der amerikanischen Währung bauen. Überwiegend „technische“ Gründe hätten die Hausse angeschoben und nicht „fundamentale“ – das heißt, die erste Welle wurde wohl durch die automatisch mit einem Kurssprung mitziehenden Computersysteme der Börse verstärkt. Es gab aber auch zusätzlich zur sowieso starken Dollarnachfrage Notkäufe von Spekulanten. Die hatten auf einen weiter fallenden Dollar gesetzt. Doch der Greenback hält sich schon seit Wochen bei etwa 1,37. Als er nun plötzlich stieg und stieg, mußten die Kurssurfer umdisponieren: Um die drohenden Spekulationsverluste einzudämmen, setzen sie nun auch auf einen steigenden Kurs und füllen ihre Konten mit der US-Währung.

Die Deutschmark war bislang der größte Verlierer. Zum englischen Pfund fiel sie gestern um fünf Pfennig auf 2,25 Mark. Der französische Franc segelte weiter unter dem Schub des „Chirac-Effekts“. rem