Heckelmann: Wir schreiben doch Briefe

■ Amnesty: AusländerInnen in Berlin besonders oft mißhandelt / Innenbehörde verweigert Information

Ist die Berliner Polizei besonders rassistisch eingestellt? Diese Frage drängt sich bei der Lektüre des jüngsten Berichtes von amnesty international über „Polizeiliche Mißhandlungen in der Bundesrepublik Deutschland“ auf. Von den gut 70 Vorfällen, die ai zwischen Januar 1992 und März 1995 aus ganz Deutschland erhalten hat, stammt etwa die Hälfte aus Berlin. Die Menschenrechtsorganisation erklärt dieses erschreckende Ergebnis allerdings auch mit der erhöhten politischen Sensibilität in der Hauptstadt: Berlin sei die größte deutsche Stadt mit „zahlreichen politischen Basisgruppen“, „Hunderten von Anwälten“ und einem funktionierenden „Informationsfluß“. Aber, so schreiben die Autoren des 53 Seiten umfassenden Berichtes: „Auch wenn man alle diese verschiedenen Faktoren zugute hält, erscheint dennoch die Anzahl mutmaßlicher Mißhandlungen durch die Polizei in Berlin überproportional und beunruhigend hoch.“

Die gesammelten Informationen legten nahe, daß die Mißhandlungen „in Berlin einem bestimmten Muster folgen“, sprich: systematisch sind. Das tatsächliche Ausmaß der Übergriffe ist allerdings auch ai nicht bekannt: „Fälle von Polizeigewalt werden vielfach nicht registriert, weil die Opfer sich nicht beschweren. Zahlreiche Anwälte haben amnesty international sogar mitgeteilt, daß sie Mandanten, die mißhandelt worden sind, von einer Anzeigeerstattung abgeraten haben. Der Grund hierfür ist, daß solche Anzeigen wenig Aussicht auf Erfolg haben und dazu führen können, daß wiederum gegen das Opfer Anzeige erstattet wird.“

In dem Bericht werden zahlreiche, zum Teil von der taz bereits berichtete Einzelfälle detailliert aufgeführt.

In einigen dieser Fälle wirft ai der Staatsanwaltschaft vor, die Ermittlungen „nicht mit der gebotenen Sorgfalt und Unparteilichkeit“ geführt zu haben. Die Organisation fordert deshalb die Berliner Behörden auf, „eine unabhängige Überprüfung“ zu veranlassen. Kritisch vermerkt der Bericht zudem, daß die Innenverwaltung von Dieter Heckelmann bundesweit die einzige sei, die „Informationsersuchen von amnesty international durchgängig unbeantwortet läßt“. Ein von amnesty international im Januar 1995 angeregtes Treffen habe die Innenbehörde mit der Bemerkung abgebügelt, wegen der Zuständigkeit der Justizverwaltung für die Ermittlungsverfahren sehe man „keinen weiteren Gesprächsbedarf“.

Ein Sprecher Heckelmanns nannte die Vorwürfe von amnesty international gestern „schlicht absurd“. Erstens habe man Anfang 1995 zwei Briefe an amnesty geschrieben, zweitens gebe man Anzahl und Stand der Ermittlungsverfahren „aus Datenschutzgründen“ nicht mehr bekannt. Ute Scheub