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: Im Namen des Vaters

Steigende Scheidungsraten lassen nicht nur zahlreiche Workshops und Schreitherapien florieren, auch die Formen individueller Verarbeitung werden exotischer. Jüngstes Beispiel ist der 44jährige Arno Schmitt, geschiedener Ehemann und Journalist. Anstatt zur Flasche griff er zur Tastatur seines Heimcomputers und bastelte mit einer Menge Frust im Bauch seine eigene Zeitschrift. Verlegt vom Verlag „Kind & Kultur“, ist Ex seit letzten Freitag für 6,50 Mark am Kiosk und soll von nun an nicht nur ihm über das „tiefe schwarze Loch“ (Schmitt) hinweghelfen, sondern allen Trennungsgeschädigten (Druckauflage 65.000) ein monatlicher Ratgeber sein.

Die allerdings sind in diesem Magazin durchweg männlich. Auch wenn Chefredakteur Schmitt, der sich zugleich auch noch Herausgeber nennt, beteuert, er mache kein „Kampfblatt für Väter, sondern für die Kinder“, nutzt er doch die Hochglanzseiten ungeniert als Projektionsfläche der schlimmsten Alpträume, die ihn nach seiner Ehe heimgesucht haben müssen. Angesichts der „Mängel am deutschen Scheidungssystem“ recherchiert Ex im Namen des Vaters mit geradezu nachrichtendienstlicher Gründlichkeit. Da werden die Drohungen seelenloser Ehefrauen aus Telefongesprächen zitiert („Bestell dir schon mal einen Sarg“) und entlarvende Schriftdokumente präsentiert. „Leider habe ich es versäumt, Dich während der Ehe umzubringen“, schreibt da die allein sorgeberechtigte Paula.

Zwar wechseln Schrifttypen und Layout auf fast jeder Seite, die Rollenverteilung aber bleibt dieselbe: Während die um Eheglück und Kinder betrogenen Männer nach der Trennung zu emotionalen Pflegefällen werden, verlustieren sich die Frauen mit neuen Partnern und lassen die ihnen zugesprochenen Kinder verwahrlosen.

Damit bei soviel Seelenpein nicht auch noch der letzte Rest positiven Lebensgefühls auf der Strecke bleibt, hat Schmitt per doppeltem Mausklick einen kleinen Devotionalienshop auf der letzten Seite eingerichtet. Dort können sich alle, die sich zuvor in Suizidnähe gelesen haben, durch Bestellung eines T-Shirts wieder aufrichten. Aufdruck: „go for life“.Oliver Gehrs