Menschen nicht länger in die Keller verbannen

■ betr.: „Nagel stellt geplante U 5 in Frage“, taz vom 7. 5. 95

Recht hat er, der Bausenator, wenn er die geplante U 5 in Frage stellt. Endlich hat ein Politiker den Mut, die überdimensionierten Pläne der Verkehrsverwaltung als fragwürdig in die Schubladen zu verweisen! Die zirka 300 Meter weiter nördlich verlaufenden S-Bahnlinien sind leistungsfähig und sollten um Straßenbahnlinien in der Französischen und Clara- Zetkin-Straße ergänzt werden.

Der Hauptstadt-Boom mit kalkulierten sechs Millionen Einwohnern verzögert sich oder bleibt ganz aus – ohne daß bisher die gigantomanischen Pläne für ein Eisenbahnkreuz mit den entsprechenden Zubringern zum Zentralbahnhof am Lehrter Stadtbahnhof auf das realistisch notwendige Maß zurückgestutzt werden. So richtig eine Streichung der U-5-Pläne ist, so notwendig ist allerdings, das Eisenbahnkreuz nicht zu realisieren. Die Eisenbahnstadt Berlin muß ihr Schienennetz stufenweise wieder herrichten und in Betrieb nehmen. Allerdings ist die Notwendigkeit der Nord-Süd-Strecke genauso fragwürdig wie die der U 5. Angesichts extrem knapper Ressourcen ist es höchste Zeit, sich von dieser Planung zu verabschieden und statt dessen bis zum Regierungsumzug realisierbare Bahnstrecken auf dem Innenring und den vorhandenen Zulaufstrecken zu sanieren und dem heutigen technischen Standard anzupassen.

Die Straßenbahn als innerstädtischer Verkehrsträger mit Zukunft muß in kurzer Zeit leistungsfähig entwickelt werden und bis zum Regierungsumzug nicht nur den Reichstag erschließen, sondern sinnvoll die beiden öffentlichen Verkehrsnetze in Ost und West verbinden und ergänzen und stellt dann eine zukunftsträchtige Alternative zum Autoverkehr dar, die wir dringend brauchen. Nicht der Regierungsumzug ist das Maß aller Dinge, sondern die Menschen dieser Stadt; und die wollen nicht länger in den Keller verbannt werden! Norbert Rheinlaender

So, nun wacht auch Bausenator Nagel langsam auf! Daß die geplanten Tiergartentunnel für Autos, Fernbahn und die U-Bahn gar nicht finanzierbar sind, behaupten Kritiker ja schon lange. Jetzt merkt es auch der Senator. Rechtzeitig allemal, denn auch Nagel weiß schon lange, daß er für jeden Kilometer U-Bahn fast 100 Kilometer Straßenbahn bekommen kann! Wozu dann also die überteure U-Bahn?

Na, im Berliner Senat lernt sich das Rechnen auch noch... Peter Fieser