Nachschlag

■ Jagd und Eros: Reinhild Hoffmann – Tanztheater in der AdK

Kriegsdarstellung ohne Sozialarbeiter-Pathos Foto: Akademie der Künste

Gleich zweimal hintereinander hatte man Reinhild Hoffmanns Tanztheater zum Theatertreffen eingeladen. Aber das ist lange her. 1983 und 1984 war's, fünf Jahre bevor überhaupt die erste Einladung an Kresnik erging. Jetzt ist sie mit ihrer Compagnie wieder in der Stadt – zum unwiderruflich letzten Mal: Am Schauspielhaus Bochum, dem die Tanztruppe seit acht Jahren angeschlossen ist, wird es ab der kommenden Spielzeit kein Tanztheater mehr geben. Die Sparte ist ersatzlos gestrichen, das Ensemble wird aufgelöst.

Erfolgreich war man in letzter Zeit nicht gerade. Reinhild Hoffmann zog sich für vier Jahre in ein stillgelegtes Zechengelände zurück, um dort mit ihrer Truppe den Weg zu einer neuen eigenen Tanzästhetik zu finden, die den von Übermutter Pina Bausch vorgegebenen Rahmen sprengen sollte, und hat Hochinteressantes, aber schwer Goutierbares produziert: „Zeche eins“ und „Zeche zwei“, die jetzt beide in der Ausstellungshalle der Akademie der Künste zu sehen sind, fielen bei der Kritik durch. Reinhild Hoffmann läßt sich und den Zuschauern Zeit. Die Mittel sind äußerst sparsam eingesetzt, verdichten sich zu abstrakten allegorischen Bildern. In „Zeche eins“ geht es um mythische Opfer- und Kampfrituale. Die Tänzer tragen Eisenstäbe mit sich herum, die nicht nur als Waffen, sondern sozusagen auch als Bestandteil ihres Selbstverständnisses zu sehen sind. Im Akt des gemeinsamen Tötens versichern sie sich ihrer kollektiven Identität. Ausgangspunkt der Arbeit an „Zeche eins“ mit seinen Variationen zu Kampf, Jagd und Opfer war der Golfkrieg. Reinhild Hoffmann fragt nach den Motiven des Kriegs, ohne in weinerliches Sozialarbeiter-Pathos zu verfallen. Nicht daß der Krieg schlimm ist, interessiert sie, sondern warum er überhaupt möglich ist.

Die Zechen-Stücke sind speziell für die stillgelegte Zeche in Bochum konzipiert worden. In der halbzerstörten Halle mit ihren Balustraden und von den Wänden abgefallenen Kacheln entfalten sie eine Kraft, die nicht auf einen anderen Raum übertragbar ist. So geht bei der Aufführung in der Akademie der Künste einiges verloren, doch Reinhild Hoffmanns Fragen nach den Anfängen vom Töten („Zeche eins“) und nach der Macht des Eros („Zeche zwei“) beeindrucken auch außerhalb des Reviers. Michaela Schlagenwerth

„Zeche eins“/„Zeche zwei“, heute, 21 Uhr, Akademie der Künste, Hanseatenweg 11, Tiergarten