Großjerusalem bleibt vorerst kleiner

■ Um nicht zu stürzen, nimmt Israels Regierung Landenteignungen zurück

Jerusalem/Tel Aviv (dpa/AP/taz) – Die israelische Regierung wird vorerst auf die geplante Enteignung von über 50 Hektar Land für jüdische Siedlungen in Ost-Jerusalem verzichten. Außenminister Schimon Peres kündigte diesen Schritt gestern während einer erregten Debatte über einen Mißtrauensantrag im israelischen Parlament an. Zuvor hatte sich Peres mit dem Chef der palästinensischen Autonomiebehörden, Jassir Arafat, in Gaza getroffen und ihm das Ende weiterer Landenteignungen in Jerusalem versprochen.

Die geplante Landnahme hatte in der arabischen Welt einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Wie Peres mitteilte, wird eine Ministergruppe die Enteignungspläne noch einmal überprüfen. Im übrigen gelte das Wort des Regierungschefs, daß in Zukunft kein arabisches Land mehr ohne die Zustimmung der palästinensischen Führung konfisziert werde.

Ohne diese Entscheidung wäre die israelische Regierungskoalition möglicherweise gestürzt worden. Dank des Rückziehers überstand Ministerpräsident Jitzhak Rabin die Mißtrauensabstimmung: Nur drei der 120 Knessetabgeordneten sprachen der Regierung ihr Mißtrauen aus, 43 enthielten sich. Rabin, der seit seinem Amtsantritt im Juli 1992 Dutzende von Mißtrauensabstimmungen überstand, hatte noch Stunden vor der Parlamentsdebatte erstmals keine Mehrheit gegen den Mißtrauensantrag arabischer Abgeordneter gesichert.

Die rechtsgerichtete Opposition machte keinen Hehl daraus, daß sie die Chance zum Sturz der Regierung nutzen wolle, obwohl sie die Landnahme unterstütze. Rabin hatte zunächst vergeblich versucht, die sechs Abgeordneten der Demokratischen Front und der Arabischen Demokratische Partei dazu zu bewegen, ihren Antrag zurückzuziehen. Der Abgeordnete Abdel Wahab Darausche sagte vor der Debatte: „Wir haben die Regierung unterstützt, die aber mit den Landenteignungen den Friedensprozeß gestoppt hat. Wir können diese Politik nicht mehr unterstützen.“

Der Führer des oppositionellen Likud- Blocks, Benjamin Netanjahu, hatte erklärt, wenn sich die Chance zum Sturz der Regierung böte, müsse sie genutzt werden. Dabei war die Beschlagnahmung von über 50 Hektar Land ursprünglich eine Idee des dem Likud angehörenden Bürgermeisters von Jerusalem, Ehud Olmert.