Ochsen für das Himmelreich

■ Wie die Feuerwehr mit einem tierischen Segen den Staatsanwalt mobilisierte

Nürnberg (taz) – „Heilige Mutter Gottes“, wird sich Bayerns gottesfürchtiger Kultusminister und Chef des fundamentalistischen Katholischen Männervereins Tuntenhausen, Johannes Baptist Zehetmair, gedacht und die Hände über den Kopf zusammengeschlagen haben. Da hängt schon in allen bayerischen Schulzimmern und Amtsstuben das Kruzifix, da wird von bibelfesten Ministern gegen Abtreibung und für das Schulgebet auf Teufel komm raus gekämpft – und dann so eine Schande an der Basis.

Geschehen ist's in der 500-Seelen-Gemeinde Langenpettenbach unweit von Dachau. Göttlichen Beistand hatte dort die Freiwillige Feuerwehr erbeten. Nicht vom heiligen St. Florian zum Schutze vor Feuersbrünsten, sondern für sechs leibhaftige Ochsen. Damit die Viecher am 11. Juni beim traditionellen Ochsenrennen den Mitkonkurrenten die Hufe zeigen, taufte sie ein als Pfarrer verkleidetes Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr. „Im Namen der Kuh, des Stiers und des Ochsen“, als Weihwasser- Ersatz diente – was sonst? – Bier.

Während die katholischen Würdenträger im katholisch dominierten Landkreis Dachau die Ruhe bewahrten, begehrte die protestantische Minderheit auf und zeigte Flagge. „Unerträglich“ kommentierte der zuständige Pfarrer Bernhard Götz das frevlerische Treiben der Feuerwehrmannen und mobilisierte die Staatsanwaltschaft München II. Was der Pfarrer als eine „Verhohnepipelung religiöser Formen“ kritisiert, stellt für die Ermittlungsbehörde einen klarer Fall von einer „Beschimpfung der Kirche, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören“, dar. Kurz also eine Gotteslästerung, zu ahnden mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe. In Ermangelung des Störenfrieds richtet sich das Verfahren vorerst gegen Unbekannt. Doch mit göttlicher Hilfe wird es den Staatsanwälten schon gelingen, den wahren Untäter zu ermitteln. Wird er reuig seine Sünden gestehen oder leugnen? Wie wird das weltliche Strafgericht entscheiden?

Für die Feuerwehrmannen ist jedoch vorerst nur eines von Bedeutung: Hauptsache, die Langenpettenbacher Ochsen lassen sich nicht mental verunsichern und gewinnen. Bernd Siegler