Korruption soll sich nicht mehr auszahlen

■ Berlin will Bestechlichkeit mit bis zu zehn Jahre Haft ahnden / Korruption in Berlin nicht „besonders alarmierend“

Ob durch eine Reise nach Fernost oder einen diskret liegengelassenen Umschlag mit Geldscheinen: der Phantasie, sich die Gunst eines öffentlichen Bediensteten zu erkaufen, sind keine Grenzen gesetzt. Doch was bisher noch als Kavaliersdelikt gilt, soll künftig als Verbrechen eingestuft werden. Justizsenatorin Lore Maria Peschel- Gutzeit (SPD) stellte jetzt eine Gesetzesinitiative zur Korruptionsbekämpfung vor, die dem „Versuch der organisierten Kriminalität, in Amtsstuben einzudringen“, mit drastisch erhöhten Strafen Einhalt gebieten will.

So soll nach dem Berliner Entwurf, der am 2. Juni im Bundestag beraten wird, bereits die Annahme von Vergünstigungen ohne Gegenleistung mit bis zu zwei Jahren Haft oder Geldstrafe geahndet werden. Nach der jetzigen Rechtslage macht sich ein Bediensteter, der sich sein Wohlwollen bezahlen läßt, dem aber keine Gegenleistung nachzuweisen ist, nicht strafbar. Wer Geld oder Geschenke dafür annimmt, daß er beispielsweise eine Baugenehmigung schneller erteilt, soll statt bisher zwei Jahre künftig fünf Jahre in den Bau gehen. Fälle von „echter Bestechlichkeit“, dem Erbringen von pflichtwidrigen Gegenleistungen, sollen zudem als Verbrechen eingestuft werden, das Strafmaß soll von fünf auf zehn Jahre erhöht werden. Mit der Mindeststrafe von einem Jahr wäre die Entfernung aus dem Amt zwingend.

Da immer mehr Privatfirmen im öffentlichen Auftrag tätig sind, sieht der Gesetzentwurf auch eine Erweiterung des Amtsträgerbegriffs vor. Mitarbeiter von Privatunternehmen, die etwa die städtische Müllabfuhr übernehmen, können dann ebenso wegen Korruption belangt werden.

Um das enge Geflecht zwischen Bestechern und Bestochenen leichter zu durchdringen, soll denjenigen, die sich vor Aufdeckung eines Korruptionsfalles offenbaren und zur weiteren Aufklärung beitragen, Strafmilderung oder -freiheit zugesichert werden. Telefonüberwachung und der Einsatz technischer Mittel im Korruptionsbereich sollen dazu beitragen, den konspirativen Bereich zu durchleuchten. Von Innenrevisionen in den Behörden erhofft sich die Justizsenatorin zusätzlich eine „abschreckende“ Wirkung. Peschel- Gutzeit, die ihren Entwurf auch auf der Justizministerkonferenz Mitte Juni in Dessau vorstellen will, hat „keine Bedenken“, daß sie im Bundestag eine Mehrheit finden wird. „Wir hoffen, es geht knackig voran“, sagte sie am Mittwoch.

Nach ihrer Einschätzung gibt es zwar keine Anhaltspunkte dafür, daß die Situation in Berlin „besonders alarmierend“ sei. „Wir sind aber besonders sensibel“, begründete sie ihre Initiative, die von Innensenator Dieter Heckelmann (CDU) und dem Senator für Bundesangelegenheiten, Peter Radunski (CDU), mit unterzeichnet wurde. Jährlich würden in Berlin etwa 200 Korruptionsfälle gezählt.

Die Zahl der Verurteilungen ist jedoch aufallend gering. Nachdem im Januar ein Bestechungsskandal in der Ausländerbehörde aufflog, bei dem ein Beamter einer chinesischen Schleuserbande gegen Geld Aufenthaltsgenehmigungen beschafft hatte, wurde im Februar eine Sonderarbeitsgruppe zur Bekämpfung von Korruption in Behörden eingerichtet. Barbara Bollwahn