Droste sagt, was er denkt – und kassiert, was er verdient

■ betr.: „Droste aufs Maul!!!!“, taz vom 17. 5. 95

Da haben wir es also mal wieder: Humor, Selbstironie und undogmatisches Denken sind bei denen, die meinen, einen wichtigen Beitrag zu einer linken, besseren Welt zu leisten, schon immer rare Güter gewesen. Das hehre Tun darf keinesfalls angezweifelt, in Frage gestellt oder gar verspottet werden.

Es ist das Beharren, selbst in ihrer Scheiße noch ein gültiges Argument für den großen Zweck zu sehen, das diese Menschen so „anfällig“ für Wiglaf Droste macht. Der hat wiederum sicher auch seinen Spaß daran, wie sich einige autonome Frauen- und Männergruppen an ihm und seinen Texten reiben und letztendlich genau die Reaktionen erbringen, die dem Zyniker Droste recht geben und aufzeigen, wie nötig Satire von der Art Drostes in einer Zeit ist, in der „political correctness“ zur vorherrschenden Ideologie geworden ist. Martin Jaschke, Berlin

Wiglaf Droste ist immer wieder eine Debatte wert. [...] Über die Jahre fällt dabei eine Technik auf: „Wiggi“ verspottet jene, die anerkanntermaßen Opfer sind – sofort schreien diese und andere auf und greifen „Wiggi“ an – und schon ist „Wiggi“ das Opfer. Klappt garantiert immer, besonders weil „Wiggi“ nicht müde wird, sofort „Zensur“ zu zetern.

[...] Vordergründig geht es „Wiggi“ und seinesgleichen – schön aufklärerisch – natürlich immer um Kritik und – wie hip! – um Tabubruch. „Wenn man ein Tabu bricht, um eine Diskussion in Gang zu bringen, muß man diese hinterher auch führen“, schrieb – wer? – „Wiggi“ am 14. 11. 88 – wo? – in der taz. Eine Diskussion zu führen – dafür ist „Wiggi“ nun aber wahrlich nicht bekannt. Dessen Metier ist das Pöbeln. Das bringt nämlich mehr Geld und mehr Ruhm. Wenn man aber pöbelt, um nicht diskutieren zu müssen – dann darf man sich über Eimer mit Scheiße und über Trillerpfeifen nicht beklagen. Nils Kaczenski, Osnabrück

Es ist löblich, daß die taz nicht in den Chor der Droste-Hasser einfällt. Droste ist ein brillanter Spötter, zugegeben, oft zynisch, und hat wohl auch gar nicht die Absicht, ein grundguter, edler Revolutionär zu sein. Bei ihm kriegt jeder sein Fett ab – nicht nur die Politiker da oben, sondern auch die „eigenen Reihen“. Genau das ist es, was man ihm übelnimmt. Er schlachtet gern heilige Kühe der Linken, zieht gnadenlos über die Macken und Moden im linksalternativen Spektrum her. [...]

Man muß Drostes Texte nicht mögen. Aber ihm das Recht auf freie Rede zuzugestehen ist Grundlage jeder offenen, demokratischen Diskussion. Sein Fall zeigt, daß es Zeit wird, über eine neue linke Streitkultur nachzudenken. Susanne Tank, Berlin

[...] Wenn Herr Droste im Aufwind von Rollback und Tabubrecher-Aura sein eitles Süppchen mit Gulaschkanonen in die Menge feuert, dürften ihn die Reaktionen darauf kaum erstaunen. Denn die Auseinandersetzungen um Droste sind uralt; wenn er nicht zu allem Überfluß auch noch strunzdumm ist, hat er längst begriffen, worum es geht. Die berechtigten Zornesausbrüche dürften vielmehr zu seinem öffentlichkeitswirksamen Kalkül gehören. Das Kalkül geht in dem Moment auf, wo an die Stelle solidarischer Kritik an Anti- Droste-Aktionen die kameradschaftliche Kumpanei mit Droste tritt.

Dabei bleibt Henschel die Begründung schuldig, warum er einem aggressiven Sexisten politische Schutzräume anbietet, die zum Beispiel Rassisten aus gutem Grund verwehrt bleiben. Henschel hält dem Droste zugute, daß dieser sich doch tatsächlich für seinen Rülpser „Frustvotze“ gegen eine Demonstrantin entschuldigt habe. [...] Würde irgendwer einem Redner, der des Antisemitismus bezichtigt und deshalb gestört wird, eine Entschuldigung für eine Vokabel wie „Judensau“ abnehmen?! Nein, das würde nur als weiterer Beleg gelten, wenn der „gute“ Ton im Affekt vergessen wird und die Botschaft im Klartext rüberkommt.

Droste sagt, was er denkt. Und kassiert, was er verdient. Michael Jänecke, Berlin

Ich habe den Artikel über Wiglaf Droste gelesen. Nun frage ich mich: Was hat der Mensch denn getan, was solche Aufstände provoziert? Ich habe den Namen vorher noch nie gehört. Habt Ihr vielleicht ein paar Literaturhinweise? Und wie komme ich an den Herrn heran, um ihn zu einem Vortrag einzuladen? Lothar Fritsch

Droste ist ein wüstes Ekelpaket, das schon seit Jahren Frauenprojekte wie FFGZ und Wildwasser öffentlich verunglimpft. Jetzt kriegt er halt mal was aufs Maul für seine blöden, ignoranten Sprüche, und gleich schreit die paranoide Kamarilla von taz bis Spiegel-TV „Zensur“. Nur, was wird da eigentlich zensiert, wo doch Droste weiterhin schmieren kann, was er will? Jetzt darf er sogar im Fernsehen die Hose aufreißen und seine sexistischen Mackersprüche klopfen. Die Einschaltquoten sind ihm sicher, die Auflage steigt. Was will der Mann mehr?

Droste ist mitnichten ein guter Satiriker, denn er diffamiert nur, und dies auf beleidigende und verletztende Art und Weise, gegen die sich Feministinnen und Frauen zu Recht zur Wehr setzen. Immer hört man bei ihm nur die gekränkte männliche Eitelkeit heraus, die sich „auf den Schwanz getreten“ fühlt. Er betreibt das Geschäft derjenigen, die den sexuellen Mißbrauch für ein Hirngespinst einiger durchgedrehter Feministinnen halten. [...]

Er beherrscht einfach nicht die Kunst der Satire, die bei den Gemeinten ein Lachen über sich selbst hervorzaubern kann. Er reitet auf der Welle des kruden Antifeminismus und tumben Sexismus, und deshalb gehören alle seine Pamphlete in den Papierkorb. Tamara Multhaupt, Berlin

Obwohl Wiglaf Drostes Elaborate nicht immer geschmackssicher sind, ist doch zu hoffen, daß er sich gegen dieses moderne Zelotentum durchsetzen kann, ohne von rückgratlosen Veranstaltern allzu häufig im Stich gelassen zu werden. Vom Popularitätsschub könnte ja etwas für Saalschutz abgezweigt werden. Horst Bernatzky, Berlin