Um des lieben Friedens willen

■ Zum Glück kann nichts mehr verlorengehen – dank der Auffangkanäle Vox, Super RTL und anderer Wiederkäuer

Im Juni 1994 begab sich gar Schröckliches im ansonsten beschaulichen Nordholz, Kreis Cuxhaven: Wie von Sinnen stach ein enragierter Mittfünfziger auf seinen Schwiegersohn ein, weil der Nichtsnutz den Videorecorder falsch programmiert hatte. Man kennt das ja aus eigener Erfahrung: Wie oft schon hat sich der Mensch über sich selbst oder andere ärgern müssen, weil das auf Magnetband zu bannende Programm infolge technisch-motorischer Fehlleistung unwiederbringlich im Äther verschwand. [Kurzes Zwischenspiel: Wer war der Mörder in der „Picket Fences“-Episode vom 26. April? Bitte um Nachricht!]

Selbstredend stürzte sich der rasende Nordholzer völlig ohne Nutz und Frommen ins Unglück. Seit die verfügbaren Programmtasten sämtlich mit Haupt-, Neben- und Stichkanälen belegt sind, kann dem vermeintlichen Verlust mit äußerster Gelassenheit begegnet werden, da doch mit einer baldigen Wiederholung so sicher und verläßlich zu rechnen ist wie mit dem Amen in der Kirche. Es gibt demnach keine Rechtfertigung mehr für stichhaltige Auseinandersetzungen, wenn man mal eine Folge der Lieblingsserie oder einen dringend zu rezipierenden Spielfilm versäumt hat. Kommt alles wieder. Wenn nicht auf dem einen, dann auf dem anderen Kanal.

Namentlich Vox hat sich auf diesem Gebiet einsam ragende Verdienste erworben und zeigt einige Filme jetzt schon im 14-Tage- Turnus, und dann tunlichst gleich zweimal binnen 48 Stunden. Aber auch die Öffentlich-Rechtlichen halten locker mit. Beiträge aller Sparten wandern unermüdlich von arte ins Dritte, von 3sat ins ZDF und nicht selten umgehend wieder zurück.

So ist es also auch Ziel des Senderneulings Super RTL, den deutschen Familien Harmonie und Eintracht zu schenken, damit eine solche Tragödie wie die oben beschriebene sich nie wieder ereignen möge. Oder, um mit Dr. Stefan Jedele den Programmdirektor des aufstrebenden Archivkanals zu zitieren: „So wird Super RTL in den ersten Monaten neben einer Reihe von neuen Produkten und Erstausstrahlungen auch zahlreiche Wiederholungen von deutschen TV- Highlights senden.“

Und nicht zu knapp. Was wir bei RTL schon nicht sehen wollten, hier kommt es noch einmal in geballter Formation; „Matchball“, „Unter einer Decke“, „Almenrausch und Pulverschnee“; zweimal täglich „Alles Nichts Oder?!“, außerdem „Heimatmelodie“ und erst recht „Peter Steiners Theaterstadel“, immer sonntags um 20.15 Uhr und, um des lieben Friedens willen, um 23.35 Uhr gleich noch einmal.

Bedenklich dünkt allein, daß es sich hierbei um ein zeitlich begrenztes Angebot handeln soll, dessen Beibehaltung mit der Ausweitung der Reichweiten korreliert. Hier sollten vielleicht einmal Landesmedienanstalt und das zuständige Bundesministerium zusammenwirken, eine familienfreundliche Lösung zu erarbeiten – der eine oder andere Blutrausch könnte womöglich noch verhindert werden... Harald Keller