West-Verstärkung für Ost-PEN

■ Prominente West-Schriftsteller und Essayisten beantragen Mitgliedschaft im Ost-Verband

Heidelberg (taz) – Namhafte Schriftsteller und Essayisten aus dem Westen der Republik haben eine Mitgliedschaft im ostdeutschen PEN-Club in Berlin beantragt. Nachdem Mitte Mai während der Jahrestagung des West-PEN eine Vereinigung der beiden Zentren von der Mehrheit der West-Autoren vorläufig auf Eis gelegt worden war, versuchen die prominenten Mitglieder des westdeutschen Clubs der Dichter, Novellisten und Essayisten nun, durch die beantragte Doppelmitgliedschaft Bewegung in die verfahrene Situation zu bringen.

Auf die Idee gebracht hatte die Prominenten die widerstrebende Mehrheitsfraktion. Auf der Jahrestagung hatten die Vereinigungsgegner argumentiert, es sei Mitgliedern des Ost-PEN doch völlig freigestellt, eine Aufnahme im West-Club zu beantragen. Dann könnte der West-Club von Fall zu Fall entscheiden, ob der Antragsteller durch Stasi-Tätigkeit vorbelastet sei oder sonst gegen die PEN-Charta verstoßen habe.

Daß die Karten nun neu gemischt werden, könnte wiederum im Ost-PEN für Verwirrung sorgen. Dessen Präsidium wollte gestern nach Redaktionsschluß entscheiden, wie man nun mit den West-Wünschen auf Doppelmitgliedschaft umgeht.

Nachdem sich der West-PEN mehrheitlich gegen jegliche Annäherung der Clubs ausgesprochen hatte, müssen die Ostdeutschen nun zeigen, ob sie glücklich über den unverhofften West-Zuwachs sind. Sollte das Präsidium für eine Aufnahme der Antragsteller entscheiden, werden die neuen West-Mitglieder zwar kein Stimmrecht haben, es könnte allerdings das stattfinden, was schon seit längerem aussteht: Gespräche. Jürgen Berger