R.W.F. zum Fünfzigsten

In den letzten Jahren, den Jahren nach Fassbinders Tod, haben sich viele Filmfestivals Sektionen zugelegt, die schwules Kino präsentieren sollen. In aller Regel ist damit ein thematischer Zugang gemeint: Wenn ein Film Aids zeigt, einen schwulen Priester oder Drag Queens in New York, hat er sein Ticket. Fassbinder hatte kein Thema.

Er hat seine Filme um Konstellationen herum organisiert, seine Protagonisten bewegen sich umeinander wie kalt-heiße Planeten, mit den Nord- und Südpolen angedockt an das große Himmelsnetz S/M. Jede Bewegung einzelner verändert die Gesamtlage, aber es geht nicht um dramatische Psychologie, es geht um Form. Der Schritt von dort zu Jean Genet war kurz: „Querelle“ (1982), Fassbinders Genet- Adaption und sein R.W.F.-Lieblingsfilm, beschreibt in eben jenen Kreisbahnen und Ellipsen den Kurs des Begehrens. Für ihn kann niemand etwas. „Each man kills the thing he loves“, singt die Bardame Jeanne Moreau und besingt und bespricht Querelles Schwanz. Phallensteller waren unterwegs und haben das Szenario in einen hellen, sauberen Pappmaché-Verkehrsgarten umgebaut, in dem jeder Turm, jeder Baum von einer Eichel gekrönt ist. Warum ein Taxi zum Klo nehmen, wenn man im schönsten Matrosen-Blauweiß Küsse aus einem Goldzahn-Zigarrenmund empfangen kann? Querelle ist von seinem Schiff in die Stadt Brest gekommen, von einem Zerstörer namens „Vengeur“ natürlich; seine Matrosen zittern vor ihm. Erst im Hafenbordell Feria, einem mit rotem Studiolicht ausgeleuchteten, fast museal wirkenden Etablissement, findet er seinen Meister: Nono, der Opiumhändler, bei Fassbinder natürlich Günther Kaufmann, der schwarze Mann, hat ihn mit einem Blick „bei den Eiern“.

Querelle (Brad „mh-mh“ Davis) gibt sich ihm hin, von da ab ist sein Morden lediglich noch graziler Akt, Kunstproduktion fast, und so schnell, wie eine Zunge in ein Ohr fährt. Ab morgen wird „Querelle“ zu Fassbinders 50. Geburtstag wieder im Kino zu sehen sein. mn