Im Daumenkino heute: „Miami Rhapsody“

Es gibt so Fragen, die kein Mensch beantworten kann und die trotzdem immer wieder gestellt werden, zum Beispiel: „Warum willst du heiraten?“ oder „Warum heiratest du nicht, Kind?“ Tja, warum eigentlich?

Gwyn Marcus (Sarah Jessica Parker) ist nicht sonderlich versessen aufs Heiraten, aber alle tun es, und wenn man darüber nachdenkt, finden sich so viele Gründe dafür wie dagegen. Als ihr Freund Matt ihr einen Antrag macht, fällt sie ihm, wie es Brauch ist, um den Hals und sagt ja. So eine Entscheidung verändert einiges. Wenn sie jetzt in ein Geschäft geht, um einen Tisch zu kaufen, fragt ihre Schwester: „Willst du nicht vorher Matt fragen?“ Wie bitte, wieso? Und dann fällt es ihr ein: Meine Güte, er wird ihn auch benutzen wollen. Gwyn verspürt eine vage Beunruhigung und beobachtet zum Trost aufmerksam die glücklichen Ehen in ihrer Umgebung.

Auf der Hochzeit ihrer jüngeren Schwester Leslie erfährt sie von ihrem Vater, daß Mutter Marcus (Mia Farrow) ein Verhältnis mit dem jungen Pfleger (Antonio Banderas) von Großmutter Marcus hat. Wenig später stellt sich heraus, daß Vater Marcus seit Jahren mit der Inhaberin eines Reisebüros liiert ist. Die Eltern haben Sex. Mit fremden Leuten. Und dann versuchen sie auch noch, sich rauszureden. (Mutter: Mir graust bei der Vorstellung, daß ich am Ende meines Lebens feststellen muß, daß ich nur mit einem Mann geschlafen habe, deinem Vater. Vater: Es ist einfach so passiert.) Wenn man darüber nachdenkt, finden sich so viele Gründe für eine Affäre wie dagegen. Auch Bruder Jordan hat Probleme mit seiner Ehe: „Als wir uns kennenlernten, war sie eine ambitionierte Anwältin. Jetzt ist sie eine Mutter.“ Es muß noch etwas anderes geben als die Aufzucht der Brut, und so beginnt er ein Verhältnis mit der schönen Frau seines Geschäftspartners (Naomi!! Campell!!!). Wer bleibt da noch? Schwester Leslie. Schon wenige Monate nach der Hochzeit... Gwyn knüpft zarte Bande zu dem Liebhaber ihrer Mutter.

Die Mitglieder der Familie Marcus kommen in ihren Affären eindeutig auf ihre Kosten. Da verschweigt der Film nichts. Mit zwei Ausnahmen bleiben sie dann doch alle zusammen. Nicht wegen der Moral, aber wenn man darüber nachdenkt, gibt es so viele Gründe für das Zusammenbleiben wie dagegen. Schwester Leslie läßt sich scheiden, um ihren Liebhaber zu heiraten. Gwyn spricht zum Schluß in die Kamera, zum Zuschauer: Eigentlich sei das Heiraten doch eine gute Sache. Vor der Ehe wegzulaufen bedeute, vor der Verantwortung wegzulaufen, für die Kinder sei es auch besser, und außerdem, wer wolle schon im Alter allein sein? Aber da hat sie sich bereits von ihrem Verlobten Matt getrennt. Ein Grund, nicht zu heiraten, ist, daß man einfach niemanden fragen mag, bevor man einen Tisch kauft. Anja Seeliger

„Miami Rhapsody“ von David Frankel. Mit Sarah Jessica Parker, Paul Mazursky, Mia Farrow, Antonio Banderas. USA 1994, 95 Min.