Sechs Kinder und einen Mann füttern

■ Julia Mundewe aus Simbabwe erzählt ihre Geschichte

„Ich komme aus Simbabwe. Ich bin 50 Jahre alt und habe sechs Kinder. Mein Mann arbeitet nicht. Wie viele Frauen in meinem Dorf bin ich bitter arm. Etwa 20 Frauen im Alter zwischen 18 und 60 Jahren aus unserem Dorf gehören zum Rufaro Club. ,Rufaro‘ bedeutet in unserer Sprache ,glücklich‘. Unsere Gruppe, die die ,Chibvute- Textil-Skulpturen‘ herstellt, hat sich nach einem heiligen Berg in unserer Nähe benannt: Chibvute.

Mit unseren Puppen stellen wir unser Alltagsleben und unsere Traditionen dar. Da ist zum Beispiel der Nanga, der Heiler. Eine Heilerin wird Nyahana genannt. Man erkennt sie an ihrem Haarschmuck aus Federn, normalerweise Straußenfedern. Sie halten den ,Muswe‘ in ihrer Hand, den sie benutzen, um Menschen zu heilen und um die Dämonen auszutreiben.

Die meisten unserer Skulpturen zeigen Frauen, wie sie ihr Baby auf dem Rücken tragen und das Feuerholz und einen Wassertopf auf dem Kopf, eben alles, was Frauen so schleppen müssen. Diese Frau ist schwanger, sie hat einen dicken Bauch und beackert ihr kleines Feld. Wahrscheinlich wird ihre Arbeit umsonst sein. Die Dürre dauert schon lange in unserem Land.

Die Figuren machen wir mit der Hand. Ungefähr vier bis fünf Tage brauche ich für eine Puppe, wenn ich sonst nichts anderes mache. Es ist sehr schwer, das Material zu bekommen. Wolle für die Haare, das Garn, um die Augen zu sticken, die Stoffe – alles ist sehr teuer. Manchmal bekommen wir von Fabriken Stoffreste geschenkt, und vieles sammeln wir im Busch, zum Beispiel das Material für den Schmuck, die Ohrringe und die Ketten. Einige unserer Skulpturen wurden 1993 in der ,Afrikanischen Umwelt-Ausstellung‘ in Harare gezeigt, und wir gewannen einen Preis. Wir haben auch einige Skulpturen in eine Galerie in Kopenhagen exportiert. Gewöhnlich machen wir uns einmal im Monat auf den weiten Weg in die Hauptstadt Harare, um unsere Puppen zu verkaufen. Wir müssen Geld sammeln für die Busfahrt. Wenn der Bus in Ordnung ist – meistens ist er es nicht –, brauchen wir vier Stunden. An einem guten Tag kann ich vielleicht drei oder vier Puppen verkaufen. Aber das Geld reicht nicht einmal eine Woche lang für uns alle.

Ich liebe die Puppen. Sie sind schön. Durch sie haben wir Frauen uns in unserem Dorf verbunden, und sie haben uns schließlich nach Nürnberg geführt. Was es für mich bedeutet, hier zu sein? Zu lernen! Von den anderen Frauen aus der ganzen Welt zu lernen. Was ich zu geben habe? Seltsame Frage. Mich selbst. Mein Wissen und wie wir Frauen leben und arbeiten in meinem Land.“