Weniger Benzol im Bundesrat

Ländermehrheit will auch Autobahnen und Fernstraßen bei zu hohen Benzolwerten sperren / Entsprechende Verwaltungsvorschrift verändert  ■ Von Annette Jensen

Berlin (taz) – Der Bundesrat hat gestern entscheidende Änderungen an der Verwaltungsvorschrift beschlossen, die Verkehrsbeschränkungen bei hohen Benzol- und Dieselrußwerten vorsieht. Wollte die Bundesregierung Autobahnen und Ortsdurchfahrten für die AutofahrerInnen vor jeder Sperrung schützen, so plädieren die Ministerpräsidenten dafür, „die Belange des Schutzes der Bevölkerung vor verkehrsbedingten Immissionen und die Verkehrsbedürfnisse – auch des weiträumigen Verkehrs – sachgerecht abzuwägen.“ Im Klartext: Wenn die beiden krebserregenden Stoffe oder auch Stickstoffdioxid in zu hohen Konzentrationen auftreten, sind auch Hauptstraßen für Fahrverbote oder Geschwindigkeitsbegrenzungen nicht mehr tabu. Die Ländervertreter weisen außerdem darauf hin, daß Verkehrsbeschränkungen ausschließlich auf Nebenstraßen die Luft neben den sowieso schon am stärksten belasteten großen Betonpisten noch weiter verschlechtern würde.

Die Ländervertreter stimmten gestern außerdem dafür, daß schadstoffarme Autos nicht grundsätzlich von Fahrverboten oder -beschränkungen ausgenommen werden sollen, so wie die im Verkehrsministerium erarbeitete Vorlage es vorsieht. „Sinn der allgemeinen Verwaltungsvorschrift kann es nicht sein, bestimmte Fahrzeuge generell von dem Anwendungsbereich freizustellen. Im Einzelfall kann es durchaus erforderlich sein, den Kraftfahrzeugverkehr insgesamt mit Verkehrsbeschränkungen zu belegen“, heißt es in dem verabschiedeten Text.

Die „allgemeine Verwaltungsvorschrift über Straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen bei Überschreiten von Konzentrationswerten nach der 23. BImSchV“ soll regeln, was bei den vor gut einem Jahr vom Bundesrat verabschiedeten Werten von 15 Mikrogramm Benzol pro Kubikmeter Luft und 14 Mikrogramm Ruß konkret passieren soll. „Die Werte sind natürlich viel zu hoch, aber wir sind mit unseren Änderungsanträgen mehrfach gescheitert“, sagte eine Sprecherin des hessischen Umweltministeriums. Statistisch gesehen kosten diese Werte 98 von 100.000 Menschen das Leben.

Daß ein Tempolimit oder auch eine Halbierung der Spurenzahl an großen Straßen durchaus zu einer massiven Verringerung der gefährlichen Substanzen führen kann, hat Greenpeace bei einem Versuch in Leipzig nachgewiesen. Auf einer vierspurigen Rennstrecke blockierten die UmweltschützerInnen mit Bäumen zwei Fahrstreifen und ordneten außerdem Tempo 30 statt 50 an. „Die Schadstoffbelastung hat sich dadurch halbiert“, faßt Karsten Smid das Ergebnis der Versuchs zusammen.