Knapp verabschiedet

■ SPD kündigt Boykott des Jahressteuergesetzes im Bundesrat an

Bonn (AFP/dpa) – Der Bundestag hat gestern nach einer viereinhalbstündigen Debatte mit den Stimmen der Koalitionsmehrheit das umstrittene Jahressteuergesetz verabschiedet. 338 von 649 Abgeordneten stimmten für den Entwurf. 310 Abgeordnete votierten dagegen, einer enthielt sich. Die SPD kündigte ihren Widerstand im Bundesrat an. Die Sozialdemokraten wollen ein höheres Existenzminimum und verbesserte Leistungen für Familien mit Kindern durchsetzen.

Der SPD-Partei- und Fraktionsvorsitzende Rudolf Scharping bekräftigte die Absicht seiner Partei, Geringverdienende und Eltern stärker zu entlasten und zur Finanzierung Subventionen zu streichen. Zugleich warf Scharping der Bundesregierung vor, mit ihrer Politik eine Umverteilungspolitik zu Lasten der Länder und Gemeinden zu verfolgen. Die Koalition werde die Sozialdemokraten aber gesprächsbereit finden, wenn es um einen vernünftigen neuen Vorschlag zur Unternehmenssteuer- und Gemeindefinanzreform gehe. Bundesfinanzminister Theo Waigel sprach dagegen von einem ausgewogenen Paket zur steuerlichen Entlastung und Strukturverbesserung. Die Verbesserungsvorschläge der SPD bezeichnete er als nicht finanzierbar, weil Subventionskürzungen nur schwer durchgesetzt werden könnten. Der Koalitionsentwurf sieht unter anderem vor, das steuerliche Existenzminimum auf jährlich 12.000 Mark für Ledige und 24.000 Mark für Verheiratete festzulegen, während die SPD 13.000 beziehungsweise 26.000 Mark verlangt. Beim Familienleistungsausgleich besteht die SPD auf einem einheitlichen Kindergeld von 250 Mark monatlich und der Abschaffung des Kinderfreibetrags, derweil die Koalition Wahlfreiheit zwischen erhöhtem Kindergeld und höherem Freibetrag plant.

Die Koalition beziffert das Entlastungsvolumen ihres Entwurfs auf 22 Milliarden Mark. Die SPD will die Mindereinnahmen auf rund 12 Milliarden beschränken und die Lücke mit zusätzlichen Einnahmen aus Subventionskürzungen und dem Einstieg in eine Ökologiesteuer schließen.