Die SED regiert wieder in Mitte

■ PDS setzt Maulkorb gegen Baustadträtin Dorothee Dubrau durch / Bausenator entsetzt / Landes-PDS geht auf Distanz

Die Flucht nach vorn gerät für die PDS in Mitte zur Flucht zurück in alte Zeiten. Weil die mit Hilfe dreier PDS-StädträtInnen entmachtete Baustadträtin von Mitte, Dorothee Dubrau, sich öffentlich gegen diese bau- und machtpolitische Intrige gewehrt hatte, wurde ihr am Dienstag ein Maulkorb verpaßt. Auf Antrag der PDS beschloß das Bezirkamt Mitte, daß die streitbare Stadträtin fortan nur noch mit der Presse reden darf, wenn sie den Inhalt dieser Gespräche zuvor mit den anderen Stadträten abgesprochen hat.

Wie die Bündnisgrünen gestern mitteilten, wurde auf derselben Sitzung außerdem beschlossen, daß sämtliche Bauanträge ab zehn Wohnungen und 50 Quadratmeter Gewerbefläche künftig nicht im Bauamt, sondern im Bezirksamt selbst entschieden werden. Noch vor einer Woche war die Übergabe der wichtigsten Ressorts Dorothee Dubraus in die Hände des CDU- Gesundheitsstadtrats Zeller von der derzeitigen PDS-SPD-Koalition in Mitte damit begründet worden, Dubraus Bauamt zu entlasten. Erst später sprach SPD-Bürgermeister Keil davon, daß Dubrau die Nerven der Investoren überstrapaziert habe. Offenbar soll dies künftig damit verhindert werden, Bauanträge im überwiegend familiären Kreis des Bezirksamts im Sinne der „investor correctness“ und nicht mehr fachlich zu entscheiden.

Sowohl der Maulkorb für Dubrau als auch der baupolitische Offenbarungseid führte gestern zu heftigen Reaktionen. Bausenator Wolfgang Nagel (SPD) kündigte an, daß die Bauverwaltung sofort von ihrer Fachaufsicht Gebrauch machen wolle und sich „derartig zustandegekommene Entscheidungen“ zur Rechtskontrolle vorlegen lasse. Den Maulkorb für Dubrau bezeichnete Nagel als in „würdiger Tradition von Honecker und Mielke“ stehend. Geradezu „entsetzlich und politisch katastrophal“ sei allerdings, daß dies in einem von einem SPD-Bezirksbürgermeister geführten Bezirk möglich sei. Die baupolitische Sprecherin der Grünen, Ziemer, meinte, „Stalinismus und Dilettantismus“ feierten in Mitte fröhliche Urständ.

Zum ersten Mal ging gestern auch die PDS-Fraktion im Abgeordnetenhaus auf Distanz zu ihren Stadträtinnen in Mitte. Das baupolitische Anliegen von Dorothee Dubrau, hieß es gestern, werde von der PDS geteilt. Ihre Entmachtung, forderten die Landesvorsitzende Pau sowie die Abgeordneten Michels, Wolf und Zotl, sei „zurückzunehmen“. Daß die Landes-PDS sich erst nach einer Woche zu Wort meldete, begründete die „Mieterpartei“ („Für ein Berlin der Menschen, nicht der Macht“) damit, daß man zuvor versucht hätte, die Stadträtinnen in persönlichen Gesprächen umzustimmen. Uwe Rada