Nordkoreas Atompolitiker lenken etwas ein

■ Bei den zähen Verhandlungen über Pjöngjangs Atomprogramm haben die USA und Nordkorea "prinzipielle Übereinkunft" erzielt / Reaktoren doch aus Südkorea?

Kuala Lumpur (AFP/rtr/taz) – Die Regierung in Pjöngjang hat beim Tauziehen um das nordkoreanische Atomprogramm offenbar etwas nachgegeben. Die USA und Nordkorea hätten sich bei ihren Verhandlungen in Kuala Lumpur prinzipiell über die Modernisierung der nordkoreanischen Atomanlagen verständigt. Das erklärte ein Sprecher des Außenministeriums in Pjöngjang gestern nach amtlichen Angaben. Arbeitsgruppen seien nun damit befaßt, ein Schlußdokument auszuarbeiten.

Einzelheiten waren zunächst nicht bekannt. Der nordkoreanische Sprecher erklärte lediglich vage, in der „Wahl des Reaktormodells“ sei Einigkeit erzielt worden, ebenso über einen „Modus für Vertragsschlüsse, die Verpflichtungen der USA und die Ausgaben für die Festlegung der Bauorte“. US-Unterhändler Thomas Hubbard gab sich zurückhaltend: Es habe in einigen grundsätzlichen Fragen Einigungen gegeben, aber es seien noch nicht alle Fragen gelöst. Im übrigen stünden die USA mit Südkorea und Japan – den beiden wichtigsten Verbündeten in dem Atomstreit – in enger Verbindung, sagte er. Nordkorea besteht darauf, daß der Süden bei den Gesprächen nicht beteiligt wird.

Vorausgegangen waren wochenlange, zähe Verhandlungen zwischen beiden Seiten in der malaysischen Hauptstadt und zuvor in Berlin. Es ging um die Umsetzung des Genfer Abkommens vom Oktober 1994. Darin hatte sich Nordkorea verpflichtet, seine graphitmoderierten Reaktoren stillzulegen, die nach Washingtoner Geheimdiensterkenntnissen atomwaffenfähiges Plutonium produzieren. Die USA hatten im Gegenzug versprochen, Nordkorea moderne Reaktoren bereitzustellen, kostenlos Erdöl zu liefern und die politischen Kontakte zwischen beiden Staaten aufzuwerten.

Im Zentrum des Streits steht die Frage, welche Rolle Südkorea bei der atomaren Modernisierung des verfeindeten Bruderstaates im Norden spielen soll. Die Regierung in Seoul soll nämlich den Löwenanteil der Kosten für die zwei 1.000-Megawatt-Leichtwasserreaktoren tragen, die dem Norden zugesagt wurden. Das sind etwa 4,5 Milliarden US-Dollar. In den letzten Monaten haben die Nordkoreaner zusätzlich noch eine Milliarde Dollar gefordert: für Infrastrukturmaßnahmen, Stromversorgung und Straßenbau. Bezahlen – oder zinsfreie Kredite gewähren – will Südkorea aber nur, wenn es die Anlagen auch liefern kann. Zum Bau eines Leichtwasserreaktors und zur Ausbildung des nordkoreanischen Bedienungspersonals wären nach Ansicht von Beobachtern 3.000 südkoreanische TechnikerInnen vonnöten. Solche Kontakte will der Norden aber unbedingt vermeiden. Deswegen hat sich Pjöngjang bislang so heftig gegen die Schlüsselrolle Südkoreas bei der Umsetzung des Genfer Abkommens gesträubt.

Nordkoreas Politiker denken mit Schaudern an das Beispiel der deutschen Wiedervereinigung. Sie fürchten zweifellos, auch bald ohne eigenen Staat dazustehen. li

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