Und das soll Spaß machen?

■ Neu im Kino: Linklaters Partyfilm „Dazed and Confused“

In den USA gilt der texanische Filmemacher Richard Linklater als besonders europäisch, weil in seinen Filmen mehr geredet als geschossen wird. Außerdem dient er dem Jungvolk in aller Welt als Kult-Regisseur, weil er eine im Grunde recht simple Regel seines Handwerks begriffen hat: Wenn man jungen Leuten einigermaßen authentisch nachplappert, identifizieren die sich damit und finden's kultig. Zwischen seinem leicht überschätzten Debüt „Slacker“ und seinem extrem überschätzten dritten Film „Before Sunrise“ drehte Linklater das 70er-Jahre-Portrait „Dazed and Confused“, das nun mit Verspätung den deutschen Kinos angedreht wurde.

Der Film schildert den letzten Schultag plus Nacht vor den großen Ferien an einer texanischen High School 1976. Die Älteren fiebern ihrer abendlichen Party entgegen und machen sich bereit, die Hintern der zukünftigen High School-Anfänger mit Holzbrettern zu vermöbeln (ein alter texanischer Brauch), während die Jüngeren eben davor zittern. Dummerweise bekommen die Eltern, die unwissentlich die Räumlichkeiten für die Party ihres Sohnes und seiner Clique zur Verfügung stellen sollten, das Ansinnen der Rasselbande spitz und geben ihre Reisepläne auf. Stattdessen trifft sich das ganze Ensemble des Nachts im Park, wo mehrere Joints geraucht, einige Fässer Bier geleert, vereinzelt zarte Bande geknüpft werden, viel Blödsinn gequatscht wird, und auch ansonsten eigentlich nichts Besonderes passiert.

Linklater meint stolz, sein Film habe 24 Hauptrollen. In Wirklichkeit hat er keine einzige, aber dafür 24 Nebenrollen. Einige ihrer Schicksale hätten unterhaltsame Filmgeschichten abgeben können, aber der Regisseur, der auch als Autor fungierte, hat sich entschieden, stets das Thema zu wechseln, wenn es interessant zu werden droht. „Dazed and Confused“ ist eine äußerst freudlose Angelegenheit und hätte somit leicht zu einer gelungenen Abrechnung mit der Hölle namens Schulzeit mitsamt all ihren Erniedrigungen, besoffenen Raufbolden, strunzdummen Sportlehrern, dauerbekifften Schwachköpfen, gackernden Gänsen, Zeitvergeudungen und unrealistischen Zukunftsplänen werden können. Aber man wird nicht nur aufgrund des Soundtracks, der einen mit Alice Cooper, „Aerosmith“ und ähnlicher Party-Musik geradezu bombardiert, das Gefühl nicht los, daß Linklater das ganze spaßig gemeint hat. Dafür sprechen auch einige bemüht witzige Dialoge, die nichts als schwache Plagiate des Humors sind, der Linklater mitunter in „Slacker“ gelang. Wenn schon wieder ein paar Kindsköpfe seltsame Träume, Außerirdische und Verschwörungstheorien ausdiskutieren, muß man wohl annehmen, daß da jemandem die Ideen ausgehen. Da helfen selbst die allesamt unbekannten, aber talentierten

DarstellerInnen wenig. Sie sind noch am sympathischsten, wenn sie den Mund halten wie das russische Model Milla Jovovich als schweigsames Hippie-Mädchen.

Verständlich, wenn dann der anvisierte Spaß sich nicht aufs Publikum überträgt. Die Reaktion dürfte eher ein realistisches „Wie gut, daß das vorbei ist!“ anstatt eines verklärten „Ach ja, das waren noch Zeiten...“ sein. Aber sollte uns diese Art von Kino nicht gefälligst ein bißchen belügen?

Andreas Neuenkirchen