Das Geld bleibt in der Familie

■ Immobilienfirma Gubag kauft in Friedrichshain groß ein und treibt Bewohner mit unbezahlbaren Mieter zum Auszug

Die Umwandlungswelle schwappt jetzt auch auf Ostberlin über. Ein Beispiel: In Friedrichshain hat die Grund und Boden AG (Gubag) in den letzten zwölf Monaten mindestens 14 Häuser mit rund 250 Wohnungen gekauft. Jetzt versucht die Gubag, durch überteuerte Luxusmodernisierung die Mieten in die Höhe zu treiben.

Der Kachelofen von Petra Kurt (Näme geändert) funktioniert nicht mehr, durch die Fenster pfeift der Wind, bei der Familie Voigt (Name geändert) ist die Badewanne seit einem Jahr nicht mehr nutzbar.

Keine Mängelbeseitigung

Doch „Mängelbeseitigung“ oder „Instandsetzung“ sind für die Gubag, die das Haus in der Samariterstraße 35 im vergangenen Dezember erworben hat, Fremdwörter. Mal waren keine Handwerker verfügbar, mal war der Kostenvoranschlag nicht eingegangen. Selbst auf eine Instandsetzungsklage hat die Gubag nicht reagiert.

Seit einigen Wochen wissen die Mieter den Grund. Ihnen flatterte eine Modernisierungskündigung ins Haus, die es in sich hat. Von 590 Mark auf 1.414 Mark soll die Miete der 90 Quadratmeter großen Wohnung zum Beispiel bei Familie Voigt nach abgeschlossener Luxusmodernisierung steigen. 1.290 Mark, rund 16 Mark pro Quadratmeter, soll Familie Kurt nach Abschluß der Modernisierungsmaßnahmen bezahlen. „Das sind fast 60 Prozent unseres Familieneinkommens, dann müssen wir hier ausziehen.“ Das ist durchaus im Sinne der Gubag, die ihren Mietern läppische 3.000 bis 7.000 Mark Auszugsprämie bietet, wenn sie innerhalb eines Monats das Weite suchen (im Westen sind das Vier- bis Fünffache üblich). Ziehen sie erst in drei Monaten aus, gibt es nur noch die Hälfte.

Die Modernisierungskosten, die mit elf Prozent auf die Jahresmiete umgelegt werden dürfen, sind kühl kalkuliert. 3,50 Mark pro Quadratmeter kostet die neue Heizung, nach Ansicht des Berliner Mietervereins wären weniger als 2 Mark angemessen, die Preise für die Fenster liegen beim Dreifachen des hier üblichen, und bei der Gegensprechanlage wird sogar das Sechsfache zugrunde gelegt.

Dabei sind fast alle Häuser, die die Gubag erworben hat, sogenannte Reko-Häuser mit relativ guter Bausubstanz. Sie wurden in den achtziger Jahren bereits nach DDR-Standard modernisiert. Doch ob Steigleitungen, Verbundfenster, Gasheizungen, alles soll auf Kosten der Mieter erneuert werden. Mit Bedacht hat die Gubag bis auf eine Ausnahme Häuser gekauft, die außerhalb der drei Friedrichshainer Sanierungsgebiete liegen, denn nur dort wären alle Sanierungsmaßnahmen genehmigungspflichtig.

DIe Gubag ist ein florierendes Familienunternehmen aus der Nähe von Darmstadt. Karsten Fillmer ist Vorstandsvorsitzender der Gubag und Eigentümer aller 2.000 Gubag-Aktien, seine Frau Kornelia Zielinski-Fillmer fungiert als Aufsichtsratsvorsitzende. Das Geld für die teuren Modernisierungsmaßnahmen bleibt in den eigenen Reihen. Die Immobilien Aktiengesellschaft (IMAG), die im Auftrag der Gubag die Modernisierungsmaßnahmen durchführt, ist eng mit der Gubag verbunden. Die Aufsichtsratsvorsitzende der IMAG, Annette Winkler (geborene Zielinski), gehört auch zu den Mitbegründern der Gubag und sitzt in deren Aufsichtsrat. Die Telefonanschlüsse von Karsten Fillmer und der IMAG sind identisch. Die Anschriften liegen nur zwei Hausnummern auseinander.

Hände gebunden?

Dem Bezirksamt sind weitgehend die Hände gebunden. Baustadträtin Martina Albinus (PDS) verwies gegenüber der BVV Friedrichshain darauf, daß es sich um eine „zivilrechtliche Angelegenheit“ zwischen Mieter und Vermieter handele und der Bezirk erst dann mietpreisrechtlich gegen solche Vermieter vorgehen könne, wenn eine Mieterhöhungserklärung vorliege.

Aber dann sind viele Mieter längst ausgezogen. Die Erfolge der Gubag sind in der Gabelsberger Straße 6 bereits unübersehbar. Dort steht ein ganzer Seitenflügel leer, aber auch in fast allen anderen Häusern ziehen nach und nach Mieter aus. In der Simon-Dach- Straße 40 haben alle Bewohner bereits vor der Modernisierungsankündigung kapituliert. Vermutlich Ende Juli ziehen die letzten Mieter aus.

Doch der Widerstand wächst. Die Mieter der Samariterstraße 35 haben alle die Duldung der Modernisierungsmaßnahmen verweigert. Doch wer sich wehrt, muß sich auf langwierige rechtliche Auseinandersetzungen einstellen. In der Ebertystraße 51 haben die Mieter inzwischen die Duldungsklagen von der Gubag erhalten. Christoph Seils