Organisator sieht kein „abstürzendes Luftschloß“

■ Auch drei Monate vor Beginn der Friedensuniversität können Initiatoren Zweifel am Unternehmen nicht zerstreuen / Vorständlerin Krone-Schmalz zurückgetreten

Schöneberg, Akazienstraße 27. Mehr als ein gewöhnliches Klingelschild weist nicht darauf hin, daß sich in dem unscheinbaren Backsteinhaus die Büroräume der Fördergemeinschaft zur Gründung einer Friedensuniversität befinden. Kaum zu glauben, daß hier nach den Vorstellungen des Initiators Uwe Morawetz ein Projekt der Superlative vorbereitet wird.

Nahezu 2.000 Teilnehmer und Dozenten aus 29 Ländern erwartet jedenfalls Initiator Uwe Morawetz bei der Friedensuniversität im September. Die Liste bekannter Namen, darunter allein 25 Nobelpreisträger, ist lang. In der Auftaktveranstaltung „Visionen für das 21. Jahrhundert“ wollen neben anderen Prominenten der Dalai Lama, der nigereanische Literaturnobelpreisträger Wole Soyinka und der ehemalige US-Außenminister Robert McNamara ihre Visionen vorstellen.

Doch auch ein halbes Jahr nach ersten Meldungen über eine unseriöse Vorbereitung bleiben Zweifel, ob die Genannten auch wirklich beim Eröffnungsfestival im Ernst-Thälmann-Stadion in Potsdam zugegen sein werden. Tatsächlich aber scheinen sich die Absagen zu häufen.

„Aus Zeitgründen“ trat beispielsweise ARD-Moderatorin Gabriele Krone-Schmalz als neugewähltes Vorstandsmitglied wieder zurück. „Aus Zeitgründen“ ließ sich der Vorsitzende des Zentralrates der Juden, Ignatz Bubis, von der Rednerliste streichen. In der Akazienstraße 27 schweigt man sich über derartige „Ungelegenheiten“ aus.

Von der vor zwei Wochen aus Bubis' Büro in Frankfurt abgeschickten Absage will der Pressesprecher der Friedensuni, Bonger Vogis, nichts wissen, statt dessen verweist er stolz auf ein älteres Schreiben von Bubis, in welchem dieser zunächst unverbindlich zustimmte, als Redner an der Friedensuni teilzunehmen.

In Vorbereitung auf das geplante Großereignis im September 1995 verschickten die Organisatoren Einladungen in alle Himmelsrichtungen. „Freundliche Antworten wurden als Zusagen gewertet“, erinnert sich der Präsident der Berliner Ärztekammer und Exvorständler der Fördergemeinschaft der Friedensuni, Ellis Huber, der bereits vor einem dreiviertel Jahr zusammen mit den anderen Vorstandsmitgliedern zurücktrat. Zurück blieb nur Morawetz.

Das Projekt, das einmal als Studium generale an der Uni Potsdam geplant war, nahm immer größere Dimensionen an. „Wir haben das für größenwahnsinnig gehalten“, resümiert Huber die Einstellung des Vorstands. Jetzt sei das ganze Unternehmen nur noch „ein abstürzendes Luftschloß“.

Uwe Morawetz sieht das anders: Für den Frieden könnten die Schlösser gar nicht glanzvoll genug sein. Pressesprecher Bonger Vogis tut die Auseinandersetzungen im Vorstand als persönliche Animositäten ab. Das schlechte Image der Friedensuniversität sei das Ergebnis von falschen Behauptungen. „Nur weil drei von zweihundert Rednern nicht kommen, wurde gleich das ganze Unternehmen in Frage gestellt.“

Ärgster Gegner der als Schwindelunternehmen in die Schlagzeilen geratenen Sommeruni ist der Sektenbeauftragte der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg, Thomas Gandow. „Morawetz schwafelt von Esoterik und Visionen und will doch nur mit bekannten Leuten aufs Podium steigen“, entrüstet sich der Pfarrer.

Vogis hingegen weist die Vorwürfe, daß die Friedensuni ein Esoterikverein sei, verärgert als „blödes Gequatsche von einer Sekte“ zurück: „Für Gandow ist doch bereits der Dalai Lama ein Sektenmitglied.“ Tatsächlich gehe es der Friedensuniversität darum, „den Dialog zwischen Friedensforschungsinstituten, der Friedensbewegung und einem religiösen Friedensbegriff“ voranzubringen.

Zufällig befindet sich in der Akazienstraße 27 auch ein esoterischer Buchladen. „Was kann ich dafür, wenn die im selben Haus arbeiten?“ wehrt Vogis jede Verbindung ab. Der Zufälle gibt es noch mehr. An einem Klingelschild steht „Zeit Los“, und das steht für eine esoterische Vereinigung, zu welcher Morawetz enge Verbindungen unterhielt. Sein Pressesprecher kennt den Verein angeblich nicht: „Weiß ich nicht, interessiert mich nicht“, wiegelte er alle Fragen ab. Holger Heimann