Israels Wunschzettel an Kohl

Hilfe bei den Verhandlungen mit der EU von Birne zugesagt / Millionen für die Palästinenser / Kritik an den deutschen Iran-Geschäften  ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin

Am Ende eines fünftägigen Besuchs in Israel und nach zwei Stunden bei Jassir Arafat in Jericho ist Kanzler Helmut Kohl gestern nachmittag in die Bundesrepublik zurückgeflogen. In den Verhandlungen mit dem Kanzler und seiner Delegation ging es den Israelis um die Fortsetzung der direkten deutschen Hilfe und um mehr Investitionen in bilaterale Wirtschaftsprojekte sowie auch in gemeinsame Entwicklungsarbeiten in den von Palästinensern bewohnten Gebieten und den arabischen Nachbarstaaten. Konkret soll ein solcher deutscher Beitrag zur Konsolidierung des Friedensprozesses beim nächsten Israel-Besuch des deutschen Finanzministers festgeschrieben werden.

Regierungschef Jitzhak Rabin wollte den deutschen Kanzler für ein großes internationales Investitionsprojekt im palästinensischen Wohnhausbau und eine deutsche Beteiligung an der Errichtung von „Industrieparks“ an den Übergängen zwischen Israel und den palästinensischen Gebieten gewinnen. Dabei versprechen die billigen arabischen Arbeitskräfte den Unternehmern gute Profite.

In israelischen Pressekommentaren findet man eine Verkoppelung der politischen und wirtschaftlichen Forderungen, die Israel an die BRD stellt. So bietet die Zeitung Davar in einem Leitartikel vom Mittwoch großzügig die Hilfe Jerusalems an, „zur festeren Verankerung der deutschen Wirtschaft im Nahen Osten. Aber Israel stellt auch Bedingungen, vor allem den Iran betreffend. Die breite Zusammenarbeit zwischen Bonn und Teheran muß aufhören. Nach dem amerikanischen Embargo gegen Iran bleibt die BRD heute der wichtigste Wirtschaftspartner der Ajatollahs.“

Israel hat um die Intervention des Kanzlers bei der Europäischen Union gebeten (und eine Zusage Kohls erhalten), damit eine für Israel günstigere Version des neuen Handelsabkommens mit Europa und die vorteilhaftere Einbeziehung Israels in das wissenschaftliche Forschungsprogramm der EU baldmöglichst zustande kommt. Damit sollen zum Beispiel israelische Unternehmen einen leichteren Zugang auf den europäischen Telekommarkt erhalten und die Quoten für die Einfuhr von Orangen und Grapefruits steigen. Milliardenschwere Hilfsgelder fließen aus den USA an den Jordan. Ministerpräsident Rabin erzählte dem Bundeskanzler, daß Washington sich bei ihm kürzlich beschwert hat, daß Israel zwar auf einer ausgeglichenen Handelsbilanz mit den Vereinigten Staaten besteht, aber gleichzeitig nichts dergleichen bei der EU durchsetzen kann. Israels Industrie- und Handelsminister Micha Harisch fügte hinzu, daß gerade das neue — in den Details noch umstrittene — Abkommen mit der EU helfen soll, Israels Handelsdefizit mit Europa in der Höhe von 7,4 Milliarden Dollar pro Jahr zu mindern.

Dem Chef der palästinensischen Selbstverwaltungsbehörde, Jassir Arafat, versprach der deutsche Kanzler bei seinem Besuch in Jericho eine zusätzliche Hilfssumme von 10 Millionen Mark für eine bessere Ausstattung der Verwaltung. Bisher hat Deutschland der palästinensischen Selbstverwaltung Hilfe in Höhe von 155 Millionen Mark zukommen lassen. Arafat bat Kohl um Investitionen für die Entwicklung eines Industrieparks und den Bau eines Flughafens im südlichen GazaStreifen. Diese und andere Projektvorschläge versprach Kohl baldmöglichst mit anderen EU-Regierungschefs zu erörtern. Dabei sollen vor allem Arbeitsplätze geschaffen werden – schließlich liegt die Arbeitslosenquote in den autonomen Gebieten bei 58 Prozent.