Eröffnung mit Protest

■ Nordseeschutzkonferenz beginnt / Politikerinnen für Shell-Boykott

Esbjerg/Hamburg (dpa/taz) – Die vierte Konferenz zum Schutz der Nordsee begann gestern im dänischen Esbjerg mit heftigen Protesten gegen die Versenkung von ausgedienten Öl-Plattformen im Meer. Dem dänischen Vorschlag, solche Versenkungen für die Zukunft zu untersagen, schlossen sich die anderen Anrainerstaaten an – bis auf die Ölproduzenten Großbritannien und Norwegen sowie Frankreich.

Greenpeace bekommt bei seinem Boykottaufruf gegen Shell inzwischen prominente Rückendeckung. Mit gebührlicher Vorsicht sprachen sich die EU-Umweltkommissarin Ritt Bjerregaard und die schleswig-holsteinische Umweltministerin Edda Müller für einen Boykott aus. „Ich frage mich, ob die deutschen Autofahrer sich nicht vielleicht mal überlegen sollten, woanders zu tanken“, sagte Müller im Deutschlandradio Berlin. Sehr viel zahmer meinte die Bundesumweltministerin Angela Merkel vor der Konferenz: „Wir sind politisch gegen diese Entsorgung.“ Da Großbritannien mit dem Versenken der Brent Spar aber nicht gegen geltendes Recht verstoße, müsse man versuchen, die rechtlichen Bedingungen zu verändern.

Die Bundesregierung setzt sich dafür ein, die Nordsee zum „Sondergebiet“ zu erklären, in dem wenigstens das bisher legale Ablassen von Öl und Chemikalien von Schiffen verboten werden könnte. In einem vorab vorgelegten Zustandsbericht räumten die beteiligten Regierungen ein, daß die vereinbarte Verringerung des Schadstoffeintrags in die Nordsee nicht erreicht worden sei. 35.000 Schiffsbewegungen jährlich, die Ölgewinnung, die Verklappung und Verbrennung von Giftmüll und die Schadstoffeinleitungen aus Flüssen und der Luft verwandeln das Meer in eine Kloake mit 60.000 Fremdstoffen. Kein Land konnte die bis 1995 angestrebte Reduzierung von Stickstoffeinleitungen um 50 Prozent gegenüber 1985 melden. Die Umweltverbände kritisierten die Landwirtschaftspolitik, die die ungehemmte Verwendung von Kunstdüngern nicht verhindert.