Fidel Castro opfert den ersten Kapitalisten

■ Der „größte Betrüger der amerikanischen Geschichte“ in Kuba verhaftet / Der Anlage-Schwindler Robert Vesco saß dreizehn Jahre unbehelligt auf der Insel

Havanna (taz/AFP/dpa) – Seit dreizehn Jahren sitzt Robert Vesco in einer weißen Villa in Havanna, am Donnerstag wurde er festgenommen. In einer Erklärung des kubanischen Außenministeriums hieß es, der US-Geschäftsmann stehe unter dem Verdacht, „ein Provokateur und Agent ausländischer Spezialdienste“ zu sein. Die USA suchen den ehemaligen Besitzer der Anlagefirma Investors Overseas Services Ltd. (IOS) seit 1972. Sie wollen sich um eine Auslieferung bemühen, was nach einem immer noch gültigen Abkommen von 1904 zwischen beiden Staaten möglich ist.

Vesco hatte die IOS 1970 gekauft und über Strohmänner und Briefkastenfirmen ausgeplündert. Durch den Zusammenbruch der Firma wurden damals auch viele Deutsche geschädigt. Gegründet hatte das Unternehmen der kürzlich verstorbene Bernie Cornfeld, der die IOS mit prominenten Gesichtern wie dem früheren Vizekanzler Erich Mende (FDP) und Verwandten von US-Präsidenten bekannt machte. 224 Millionen Dollar der geprellten Anleger zweigte Vesco auf seine diversen Auslandskonten ab. Washingtoner Beamte sprachen damals vom „größten Betrugsfall in der amerikanischen Geschichte“. Das Geld ist nie wieder aufgetaucht. Durch eine Wahlkampfspende an den damaligen US-Präsidenten Richard Nixon in Höhe von 200.000 Dollar versuchte er, ein Verfahren gegen ihn zu verhindern. Als das ruchbar wurde, verschwand er 1971 und trieb zehn Jahre lang in mittelamerikanischen Staaten sein Unwesen, die ihn jedoch nacheinander auswiesen. Anfang der achtziger Jahre ließ er sich in Kuba nieder. Seit 1989 steht „El Americano“, wie ihn seine kubanischen Nachbarn nannten, auch unter der Anklage des Kokain-Schmuggels. Damals wurde der kolumbianische Drogenboß Carlos Lehder in einem US-Gerichtsverfahren zu 135 Jahren Haft verurteilt. Bei den Anhörungen bezeichnete Lehder den korpulenten Vesco als Geschäftspartner, der das Koks von den Bahamas an Exilkubaner in Florida vermittelt haben soll.

Daß ihn Fidel Castro ausgerechnet jetzt verhaften ließ, wird als Entspannungssignal gegenüber der US-Regierung gewertet. Außerdem kann er so den verhaßten kubanischen Regimegegnern im Exil in Florida Verwicklungen in das Drogengeschäft anhängen. Laut einer Sprecherin des US-Justizministeriums ist bei den Verhandlungen über eine neue Politik der USA gegenüber kubanischen Flüchtlingen das Thema Vesco aber nicht zur Sprache gekommen.

Die Dokumente für eine Auslieferung werden jedoch von den US-Justitiaren bereits zusammengestellt. Außerdem hat Fidel noch einige Opfer in petto – Vesco ist nur einer von 91 US-Bürgern, die auf der Flucht vor der Justiz in Kuba untergetaucht sind. rem