Gauck bekräftigt Gutachten und weist Gysis Kritik zurück

■ taz-Interview mit dem Hüter der Stasiakten

Berlin (taz) – Der Bundesbeauftragte für die Stasiunterlagen, Joachim Gauck, hat die harsche Kritik der PDS an dem Gutachten seiner Behörde über den PDS- Politiker Gregor Gysi entschieden zurückgewiesen. Im Gespräch mit der taz bezeichnet Gauck den Vorwurf als „absurd“, das Gutachten seiner Behörde für den Bonner Immunitätsausschuß sei der „Versuch eines amtlichen Rufmordes“ und „vom Ergebnis her“ bestellt. Er sehe dem von Gysi angestrengten Prozeß gegen das Gutachten „gelassen“ entgegen. Anfang 1995, so Gauck, habe sich nach der Einbeziehung von Unterlagen, die verschiedene Bürgerrechtler in ihren Opferakten aufgefunden hatten, „die Aktenlage ganz anders dargestellt“ als zuvor. In der vergangenen Legislaturperiode hatte Gauck dem Immunitätsausschuß noch erklärt, der Nachweis einer IM-Tätigkeit Gysis sei nicht möglich. Die „Gesamtschau“ der mittlerweile aufgefundenen Akten lasse aber heute den Schluß zu, daß die Stasi gegenüber dem Rechtsanwalt Gregor Gysi eine „intelligente Strategie entwickelt“ habe. „Trotz der sehr spezifischen Quellenlage“, erklärt Gauck, „können wir diese Strategie ansatzweise nachvollziehen.“

Gauck weist auch Gysis Vermutung zurück, unter den Decknamen „Gregor“, „Notar“ und „Sputnik“ seien über ihn und seine Mandanten Informationen von dritten Personen oder Erkenntnisse aus technischen Überwachungsmaßnahmen zusammengetragen worden. Eine solche „Schubladentheorie“, so Gauck, entbehre „nach dem heutigen Kenntnisstand jedweder Solidität“. Gysis Tätigkeit für die Stasi beschreibt Gauck als „Arbeitskontakt, der nicht nur die besonderen Möglichkeiten, sondern auch die besonderen Qualitäten dieses Mannes berücksichtigt hat“. Wolfgang Gast Seite 10