Chirac spielt Komödie mit UNO und US-Kongreß

■ Frankreich bringt UNO zur Annahme einer fast wertlosen Bosnien-Resolution

New York (dpa) – Nach tagelangen heftigen Auseinandersetzungen und nach einer dramatischen Nachtsitzung hat der UN-Sicherheitsrat in New York der Aufstellung einer Schnellen Eingreiftruppe in Bosnien zugestimmt. Aber die Stimmenthaltungen Rußlands und Chinas machten deutlich, daß die Entsendung der zusätzlichen mindestens 10.000 Soldaten keineswegs auf allgemeine Zustimmung zählen kann. Noch ernster ist, daß die gesamte Bosnien-Strategie des Weltsicherheitsrats nach diesem Streit ins Zwielicht geriet.

Die Entscheidung wurde nur nach massivem Druck des neuen französischen Staatspräsidenten Jacques Chirac möglich. Der hatte zunächst in Washington mit US- Präsident Bill Clinton und dann mit den republikanischen Kongreßführern Bob Dole und Newt Gingrich gesprochen – der US- Kongreß hatte wenige Tage zuvor durch seine Weigerung, einer US- Beteiligung an der Finanzierung der Schnellen Eingreiftruppe nach dem üblichen UNO-Schlüssel mit gut 31 Prozent der Gesamtkosten oder annähernd 140 Millionen Dollar zuzustimmen, einen Beschluß des Sicherheitsrates verhindert. Nach seinem Gespräch trat Chirac im UN-Hauptquartier in New York als Sieger auf: Dole und Gingrich hätten ihm versprochen, im Kongreß das Konzept der Eingreiftruppe nunmehr durchzusetzen.

Der Brief, den die beiden dann an Clinton schrieben, sah aber ganz anders aus. „Präsident Chirac hat uns versichert, daß er nur die politische Unterstützung der USA sucht und keine finanziellen Zusagen“, hieß es darin. Deshalb gebe es keinen Grund, daß sich die Amerikaner nach dem UN-Schlüssel an den Kosten der Eingreiftruppe beteiligten. In der UNO- Resolution sollten die USA ausdrücklich von ihrer Zahlungsverpflichtung befreit werden.

Chirac fühlte sich, so französische Diplomaten am Rande der Beratungen im Sicherheitsrat, „aufs Kreuz gelegt“. Er reiste schnell zum Wirtschaftsgipfel nach Halifax in Kanada und schaffte es dort immerhin, daß in New York im UN-Sicherheitsrat eine Nachtsitzung angesetzt wurde. Die verabschiedete dann die Resolution zur Eingreiftruppe doch noch – allerdings mit dem expliziten Zusatz, daß die Finanzierung der Truppe ungeklärt ist.

So ist die Resolution, wie Diplomaten aus dem Sicherheitsrat sagten, nur von sehr eingeschränktem Wert. Niemand weiß, ob die USA als potentiell zahlungskräftigster Staat überhaupt etwas beitragen wollen oder werden. Niemand wollte Voraussagen darüber wagen, wer schließlich die 420 Millionen Dollar für die ersten sechs Monate der Operation aufbringen soll.