Nachschlag

■ Wüstenfundstücke, langsam geschnitten

Getanztes Oasenleben Foto: David Baltzer

Das ist die Wüste: eine kleine, schräge Podest-Ebene, darauf ein paar Steine, ein paar Körbe, ein paar Äste. Einige Meter entfernt hängen, wie eine Riesenschaukel, zum Dreieck zusammengebundene Baumstämme, die silbrig glänzen. Die Wüste ist leer und karg. Verloren stehen diese Bühnenzeichen im Theatersaal des Tacheles, einem Raum mit unbedingtem Großstadtcharakter. Landschaftsstimmung ins geschlossene Geviert übersetzen – das ist der Ansatz von Jürgen Kirners Installationskonzept.

So sieht diese Wüste wirklich aus: Sandige Ebenen, steinige Berge, nächtliches Leben in einer Oase. Landschaftsimpressionen in Super8 auf eine Leinwand im Wassergestell projiziert. Sehr langsam geschnitten, blaß-fleckig eingefärbt – ein grobkörniges Experimentalfilmklischee.

Einen knappen Monat lang arbeitete Moving M3 in der marokkanischen MÛrhÛ-Wüste. Bild- und Bewegungsassoziationen zur Natur und ihren BewohnerInnen suchte die Truppe dort. Sie fand einfache, teilweise rätselhafte Handlungen. Die drei Performerinnen (Astrid Völker, Barbara Bruhin, Clara Taborda) verlieren fast nie die Ruhe. Langsam spazieren sie von Objekt zu Objekt. Sie holen Wasser, schwatzen lautlos lachend oder kommunizieren mit großen ritualisierten Gesten. Immer wieder von neuem, mit minimalen Variationen. Der repetitive Charakter erzeugt nicht unbedingt Langeweile, eher eine Stimmung des Sich- treiben-Lassens, der spannungslosen Erwartung des Kommenden. Die Musik hat entscheidenden Anteil an dieser Meditation. Musiker Mal rhythmisiert das Geschehen mit seinem Instrument unter Zuhilfenahme eines Bogens, von Trommelstücken oder Steinen. Das gibt Kontur. Insgesamt bleibt die Theatersuche nach der Lebendigkeit von Gluthitze und Staub über weite Strecken ein wohltemperiertes Rätselspiel. Gerd Hartmann

Moving M3, „MÛrhÛ – ein Wüstenfundstück“, bis 25. 6. im Tacheles, 13.–23. 7. im Theater am Halleschen Ufer