Shell steht das Öl bis zum Hals

■ Laut Greenpeace sind über 5.000 Tonnen Chemie an Bord / Boykott bringt starke Umsatzeinbußen

Berlin (taz/dpa/AP) – Sollte die Brent Spar im Ozean versenkt werden, wird die Öllache an der Meeresoberfläche größer sein als bislang befürchtet. Nach Hochrechnungen von Greenpeace lagern an Bord der künstlichen Insel noch 5.500 Tonnen Öl und Ölrückstände. Bisher war immer von 100 Tonnen Ölschlämmen und 30 Tonnen leicht radioaktiven Gesteins die Rede gewesen.

Die BesetzerInnen ließen Anfang Mai über Seile Probenbehälter zum Boden der Tanks. Bevor die Sonden an die in der Genehmigung der britischen Regierung erwähnten Ölschlämme auf dem Grund der Behälter kamen, mußten sie nach Angaben von Greenpeace-Sprecher Jochen Vorfelder Ölschichten durchdringen. „Nicht nur Greenpeace, sondern auch die britische Regierung muß jetzt herausfinden, was sich exakt an Bord dieser schwimmenden Mülldeponie befindet“, sagte Vorfelder gestern.

Als „unwahr und Unsinn“ bezeichnete Shell gestern die Greenpeace-Angaben. Rückstände seien 1991 vor der geplanten Entsorgung mit Seewasser in einen Tanker ausgespült worden. Anschließende Messungen hätten gezeigt, daß nur der zähe, teerartige Ölschlamm zurückgeblieben sei.

Unterdessen konnte auch Bundeskanzler Helmut Kohl nichts gegen seine sturen Kollegen von der britischen Regierung ausrichten. Auf dem Wirtschaftsgipfel im kanadischen Halifax sagte er nach einem Gespräch mit Premierminister John Major: „Ich habe ihm erklärt, daß es bei den Protesten nicht um die Verrücktheit von ein paar Umweltschützern aus Deutschland geht.“ Major erklärte seinerseits, daß seine Regierung die Pläne von Shell sorgfältig erwogen und gebilligt habe.

Weniger gebilligt haben militante UmweltschützerInnen die Versenkung der Brent Spar. Tankstellen in Amsterdam, Buxtehude, Hamburg und Brandenburg an der Havel wurden Opfer von Anschlägen mit Schäden von einigen 100.000 Mark. Peter Duncan, Chef der deutschen Shell, denkt daran, die vom Boykott betroffenen Pächter zu entschädigen. Die Umsatzeinbußen lägen in Deutschland bei durchschnittlich mehr als 20 Prozent, in einzelnen Fällen weit über 50 Prozent. rem Seiten 6 und 11