Sanssouci
: Vorschlag

■ Volle Bandbreite: Das „Goldrausch“-Künstlerinnen-Projekt im Künstlerhaus Bethanien

Detail der Assemblage von Christine Schlegel Foto: C.Schlegel

„Die Akzeptanz von Künstlerinnen in der Öffentlichkeit und beim Fachpublikum hat sich entscheidend gewandelt. Die Künstlerinnenförderung ist inzwischen eine Selbstverständlichkeit, genauso etabliert wie andere Maßnahmen beziehungsweise Stipendien“, resümiert Dr. Anne Marie Freybourg, die das Goldrausch- Künstlerinnen-Projekt gemeinsam mit Hannah Kruse inhaltlich und organisatorisch betreut.

Daß der von der Senatsverwaltung für Arbeit und Frauen seit 1990 finanzierten Fortbildung und Förderung längst nicht mehr das Stigma eines marginalen Reservats anhängt, bestätigte nicht zuletzt das öffentliche Interesse bei der gutbesuchten Vernissage im Künstlerhaus Bethanien am vergangenen Wochenende. Fünfzehn Künstlerinnen zeigen in der Galerie des Kunstamts Kreuzberg ihre im Rahmen des achtmonatigen Goldrausch-Projektes entstandenen Arbeiten. Die Bandbreite der künstlerischen Mittel reicht dabei von Multimedia, Installation, Fotografie bis zu den eher klassischen Formen Malerei und Skulptur.

Mit einer wandfüllenden Assemblage aus quadratischen Einzelbildern in Grau-, Gelb und Rottönen liefert Christine Schlegel einen bildnerischen Zeichenkatalog. Nicht zufällig erinnert die grafische Aufteilung und die auf Symbole und Piktogramme verkürzte Darstellung an ein Memory-Spiel: „Das ist meine persönliche Arche Noah“, erklärt Schlegel, für die nach einer klassischen Ausbildung an der Dresdener Kunsthochschule die Lösung vom Dogma des sozialistischen Realismus der Ausgangspunkt zu einer eigenen Bildsprache war, in der die „wirklichen Dinge“ im Laufe von Reduktion und Überformung die für sie verbindliche Form erhalten. Ein goldfiedriger Vogel, die Beine einer Tänzerin, ein Kopf im Koffer – Bildzitate, die sowohl im Zusammenhang, als auch einzeln Sinn machen.

Drei Arbeiten aus den Bereichen Multimedia, Skulptur und Malerei stellt die Hofer-Preisträgerin Natascha Kaßner aus. Darunter sechs Miniaturen mit sinnlich-verwegenen Portraits weiblicher Typen, sowie eine „Die Sehnsucht nach den Gipfeln der Leidenschaft“ betitelte multimediale Installation. Nur soviel: eine rotsamtene Gebetsbank bietet hierbei Gelegenheit zu andächtigem (Kunst-)Genuß.

„Idyllenforschung: Abteilung Tanne“ nennt Beate Daniel ihre multimediale Recherche zu einem rituellen Alltagsgegenstand. Ein ganzer Raum ist der hintergründig-witzigen Untersuchung von Form, Farbe, Gestalt und Wertigkeit gewidmet. Ähnliche Gründlichkeit ließ Margund Smolka bei der Zerlegung von Puppenkörpern in Spiralen, anschließender Pärchenbildung und deren Anordnung an der Wand walten. Die unweigerlich an den Ober-Puppenheimer und Spät-Surrealisten Hans Bellmer erinnernde Verfremdung ist hier in Serie gegangen. Allerdings in einer eher spielerischen als destruktiven Variante.

Dem individuellen Charakter der einzelnen Arbeiten entsprechend umfaßt ein Sammelpaket mit je einem bibliophilen Band sämtliche Kataloge zu den einzelnen Künstlerinnen. „Goldrausch VI“ versteht sich wie ihre Vorgängerinnen als Weiterbildungsprojekt zur Professionalisierung von Künstlerinnen mit abgeschlossener Ausbildung beziehungsweise Hochschulabsolventinnen. Teil des Kurses sind Gespräche mit GaleristInnen, JournalistInnen, KunstwissenschaftlerInnen und anderen Fachleuten aus dem Kunstbetrieb. Daneben steht die ganz direkte Unterstützung qua Finanzierung der Materialien für die im Förderungszeitraum entstehenden Arbeiten. Trotz der engen Zusammenarbeit und dem Austausch untereinander wurde keine inhaltliche Einheitlichkeit oder thematische Gemeinsamkeit angestrebt. Eine gewisse Neigung zu künstlerischen Ordnungs- und Definitionssystemen allerdings fällt auf, ebenso wie der souverän-ironische Umgang mit tradierten Kunstformen. Im Gegensatz zu ideologischen Ausstellungen wie „Leiblicher Logos“ – derzeit im Alten Museum – wird hier allerdings keine neue weibliche Ästhetik aus der Taufe gehoben, sondern eine künstlerische Praxis vorgeführt, die sich selbst legitimiert. Gudrun Holz

„Goldrausch VI“ ist bis 30. Juli zu sehen im Künstlerhaus Bethanien/Kunstamt Kreuzberg, Mariannenplatz 2, Kreuzberg. Dienstag bis Sonntag 12 bis 18, Mittwoch bis 20 Uhr. Der fünfzehnteilige Ausstellungskatalog kostet 20 Mark.