Auch Walter Momper will Rot-Grün

■ Ehemaliger Regierender Bürgermeister unterstützt Bausenator Nagel: Aussage für rot-grüne Koalition ist völlig richtig / Wenn die Grünen Wahlkampf gegen die SPD machen, wird es keinen Wechsel geben

taz: Herr Momper, Bausenator Nagel fordert von der SPD ein Bekenntnis zu Rot-Grün. Spitzenkandidatin Ingrid Stahmer und die Partei will die Koalitionsfrage dagegen offenhalten. Finden Sie Nagels Vorstoß richtig?

Walter Momper: Das stimmt so nicht. Der Landesparteitag am Wochenende ist Ingrid Stahmer in der Aussage gefolgt, die Große Koalition beenden zu wollen. Denn die Alternative ist besser für Berlin. Was Nagel sagt, ist deshalb kein Widerspruch und völlig richtig. Die Wähler werden die SPD nur dann wählen und stark machen, wenn wir eine konkrete Reformperspektive anbieten.

Fürchten Sie nicht, die Koalitionsfrage lenkt von Inhalten ab?

Was die SPD inhaltlich will, ist in jedem Fall das Wichtigste. Das müssen wir jeden Tag und jede Stunde verdeutlichen. Gleichwohl muß man eine Reformperspektive für die Stadt machtpolitisch aufmachen. Das macht Wolfgang Nagel mit seinem Bekenntnis zu Rot- Grün. Das teile ich.

Was erwarten Sie von den Bündnisgrünen?

Wir müssen uns bei den Zukunftsfragen der Stadt einig werden. Großprojekte undifferenziert abzulehnen, wie das etwa die grüne Spitzenkandidatin Sybill Klotz macht, reicht nicht. Die Grünen müssen sich auch zu sozialen Anliegen bekennen. Großprojekte im Wohnungsbau kann man nicht pauschal ablehnen. Dort sollen preiswerte Sozialwohnungen entstehen, auf die viele Berliner angewiesen sind. Mit den punktuellen Vorschlägen der Grünen ist die Haushaltskrise sicher nicht zu lösen. Die sollen endlich mal sagen, wo sie wirklich sparen wollen. Den öffentlichen Dienst zu verschonen, nur weil man sich diesem besonders verbunden fühlt, wird mit uns nicht laufen. Außerdem müssen sich die Grünen zur Hauptstadt bekennen. Den Autotunnel im Tiergarten aus umweltpolitischen Gründen abzulehnen, ist zu einfach. Wir müssen auf die Interessen und Wünsche des Bundes Rücksicht nehmen. Auch den Erhalt und die Schaffung von Arbeitsplätzen wäre mit den Grünen eine konträre Frage. Wir wollen die Vereinigung mit Brandenburg. Die Interessen unseres Nachbarn können wir nicht einfach ignorieren und sagen, Braunkohle ist eine Energie ohne Zukunft. Da geht es schließlich um viele Arbeitsplätze.

Es gibt keine Stimmung für den Wechsel. Wie stark muß die SPD für Rot-Grün werden?

Wenn die Grünen uns zum Hauptgegner ihres Wahlkampfes machen, dann ist das ein Nullsummenspiel, bei dem es keinen Wechsel geben wird. Rot-Grün braucht gemeinsam eine auskömmliche Mehrheit im Parlament. Interview Dirk Wildt