■ Wahlen: „Republikanische Front“ contra „Front National“
: Zu spät, um Le Pen zu stoppen

Die dichteste europäische Konzentration von Rechtsextremen liegt an der Côte d'Azur. Das steht seit der Wahl des Front-National-Politikers Chevallier zum Bürgermeister von Toulon fest. Zwei weitere südostfranzösische Städte – Orange und Marignane – fielen ebenfalls in die Hände der Rechtsextremen. Und über Nizza läßt sich mit Fug und Recht dasselbe sagen, denn der dortige Bürgermeister Peyrat hat die Front National nur deshalb verlassen, weil er glaubte, mit einem unabhängigen Label wählbarer zu sein.

An Gemeinsamkeiten mangelt es den südfranzösischen Metropolen unter fürderhin rechtsextremer Ägide nicht. Toulon und Nizza haben je eine lange Tradition von politischen Paten. Ihre beiden langjährigen Ex-Bürgermeister Arreckx und Medecin sitzen gegenwärtig wegen ihrer korrupten Geschäfte im Knast. Beide Städte kennen Mafia-Probleme, Immobilien-Spekulation und Geldwäsche, leben vom Tourismus und vom Mittelmeer, und beide zeichnen sich durch lokalpatriotisch geprägte Kritik an „den Parisern“ aus.

Dennoch läßt sich der unaufhörliche Siegeszug der Front National nicht allein mit regionalen Besonderheiten erklären. Schließlich standen die Rechtsextremen auch in der elsässischen Großstadt Mülhausen und in den beiden nordfranzösischen Städten Dreux und Noyon schon auf den Türschwellen der Rathäuser.

Allein das Zusammengehen sämtlicher traditioneller politischer Kräfte – von den Neogaullisten über die Liberalen bis hin zu Sozialisten und Kommunisten – verhinderte an diesen Orten den Front-National-Sieg. Ihre Taktik der „Republikanischen Front“ zwischen den beiden Durchgängen der Kommunalwahlen, gepaart mit Medienkampagnen und der Abwanderungsdrohung ortsansässiger Unternehmen, verhinderte dort – und nur ganz knapp – rechtsextreme Bürgermeister.

Mehr als zwei Jahrzehnte hat es gedauert, bis diese – längst nicht flächendeckende – Zusammenarbeit gegen die extreme Rechte zustande kam. So lange nutzten mal die Sozialisten, mal die Konservativen die Präsenz der Front National, um ihre Gegner zu schwächen. Die rechtsextreme Partei konnte unterdessen ungestört ihre Bastionen ausbauen und die Politik mit der Angst vor Immigration und Unsicherheit salonfähig machen. Heute ist die Front National im ganzen Land verankert und so stark, daß selbst massive Kampagnen gegen sie keine Garantie mehr sind. Die „Republikanische Front“ kommt viel zu spät. Dorothea Hahn/Paris