Auch Gemeinden drängen auf Telefonmarkt

■ Postgewerkschaft fordert eine oberste Bundesbehörde für Telekomunikation

Bonn (rtr/AP/taz) – Postminister Wolfgang Bötsch, mutmaßlich der letze seines Zeichens in Deutschland, hat ein neues Problem entdeckt. Auch Gemeinden und Städte wollen Telekommunikationsdienste anbieten, sobald im Stichjahr 1998 das Sprachmonopol der Telekom fällt.

Am Dienstag habe sich in einer Anhörung in Bonn eine „überraschend ausführliche“ Diskussion zu dieser Frage ergeben, teilte der Minister der Presse mit. So überraschend ist die Idee jedoch nicht. Namentlich die Stadt Köln plant nach dem Vorbild der großen Energieversorger, die längst verlegten Leitungen der Stadtwerke auch privaten Kunden anzubieten. Die vorgetragenen Argumente für diesen kommunalen Service scheinen indessen den CSU-Mann nicht überzeugt zu haben. Er habe „große Zweifel“, ob die Kommunen tatsächlich als „private Anbieter“ auf dem neuen Markt anerkannt werden dürften.

Solche Zweifel bestehen bei der Telekom selbst offenbar nicht, die sich mehrheitlich im Besitz des Bundes befindet. Die Bedingungen, unter denen private Konkurrenten ihre Lizenzen erhalten sollen, sind nach wie vor ungeklärt. Die rechtlichen Frage, ob sie auch Kommunen zustehen könnten könnten, müßten daher weiter untersucht werden, sagte Bötsch. Er selbst wolle den Privaten nur ein „kleines Pflichtangebot“ vorschreiben. Noch in der letzten Woche hatte er sich mit seinen Kollegen in Brüssel allerdings darauf verschworen, Lizenzen in Europa nur an Unternehmen zu vergeben, die als „universale Dienstleister“ auftreten.

Die Vertreter der Postgewerkschaft fordern jetzt eine „genaue Defintion“ dieses Begriffs. Nach ihren Vorstellungen wäre demnach allein die Telekom in der Lage, die Lizenzbedingungen zu erfüllen.

Soweit wollte Bötsch nicht gehen, der Universaldienst sei eine Frage der „technischen Entwicklung“, sein Umfang könne heute nicht festgelgt werden. Doch seine Beamten sorgen in jedem Fall schon für ihre eigene Zukunft vor. Die Anhörung habe gezeigt, meinte der Minister, daß die „künftige Regulierung des deutschen Telekom-Marktes“ unbedingt einer „obersten Bundesbehörde“ bedürfe. Er selbst habe sich bisher nur nicht getraut, diesen Vorschlag in die Debatte zu bringen. Eine solche Nachfolgebehörde des Postmninsiterium müßte einen Rechtsstatus haben, der etwa dem der Bundesbank und dem Bundesrechnungshof vergleichbar wäre. Genau das sei nun aber von „wichtigen Stimmen“, nämlich von seiten des Vorsitzenden der Postgewerkschaft, Kurt von Haaren, gefordert worden.

SPD-Mitglied von Haaren gehörte zu hartnäckigsten Gegnern der Postprivatisierung. Kaum verwunderlich daher, daß Bötsch den Widerstand der Sozialademokraten gegen die Pläne seines Ministeriums dahinschwinden sieht. Er glaube zu spüren, sagte er, daß die SPD ihre Forderungen nach Detailregelungen „nicht mehr ganz so stark verfolge“. Das tut Bötsch jetzt selber. nh