UN stoppen Nato-Luftangriff gegen Serben

■ Bosnische Serben mißachten Flugverbot / Nach serbischer Blockade gelangen erstmals wieder Hilfslieferungen in die bosnische Hauptstadt / Schwere Kämpfe

Sarajevo/Zagreb (dpa/AP) – Die Vereinten Nationen in Bosnien haben eine Forderung der Nato nach einem Luftangriff auf serbische Stellungen gestoppt. Wie gestern aus UN-Kreisen in Sarajevo verlautete, befürwortete der Nato-Oberbefehlshaber in Neapel, US-Admiral Leighton Smith, nach der Radarerfassung zweier serbischer Flugzeuge bei Banja Luka einen solchen Angriff. Der UN-Oberkommandierende im ehemaligen Jugoslawien, der französische General Bernard Janvier, erteilte aber keine Genehmigung.

Ein Sprecher der Nato-Zentrale in Neapel widersprach dieser Darstellung nicht. Er sagte lediglich, es sei nicht üblich, Operationen zu diskutieren. Janvier hatte nach UN-Angaben aus Zagreb den bosnischen Serben vor kurzem mitgeteilt, daß es Nato-Angriffe auf deren Stellungen vorerst nicht geben werde. Die letzten Angriffe waren am 25. und 26. Mai auf Munitionsdepots bei Pale geflogen worden. Bosnische Serben hatten daraufhin mehr als 370 UN-Soldaten als Geiseln genommen. Nach dem Ende des Geiseldramas starteten Frankreich und Rußland neue diplomatische Offensiven zur Lösung des Bosnienkonflikts.

Erstmals nach fast vierwöchiger serbischer Blockade haben gestern UN-Versorgungskonvois die belagerte bosnische Hauptstadt Sarajevo erreicht. Die erste Lastwagenkolonne traf am frühen Nachmittag in Sarajevo ein, ein zweiter Konvoi durchquerte gleichzeitig den serbischen Belagerungsring, während zwei weitere Konvois die Erlaubnis zur Vorfahrt an den serbischen Kontrollpunkt „Sierra One“ erhielten. „Wir hoffen, daß wir alle Konvois nach Sarajevo durchbringen“, sagte ein Sprecherin des UNHCR-Büros in Zagreb. Ein fünfter Konvoi mit Treibstoff für die Generatoren der Krankenhäuser und Bäckereien wartete im nahe gelegenen Kiseljak.

An den Fronten um Sarajevo setzten bosnische Regierungstruppen gestern ihre Angriffe fort. Über den Frontverlauf lagen widersprüchliche Angaben vor. Während Serbengeneral Ratko Mladić seinen Truppen zur „endgültigen Zerschlagung der Moslem-Offensive“ gratulierte, sprach die bosnische Armeeführung von neuen Geländegewinnen. Dem UN-Hauptquartier lagen keine gesicherten Erkenntnisse vor, da die Blauhelme in der Region nicht mehr präsent sind.

Nach UN-Erkenntnissen lieferten sich Serben und Regierungstruppen zudem im Norden Bosniens schwerste Gefechte im Umfeld der Industriezone Tuzla. Die Regierungstruppen waren dort in den vergangenen Tagen nach eigenen Angaben mehrere Kilometer tief in die serbisch kontrollierten Gebiete vorgedrungen.