Weniger Firmenehen

■ Jahresbericht des Kartellamts / Lopez-Effekt bei Autoindustrie und Riesenfusionen bei Kaufhäusern

Berlin (taz/AP) – Ohne die Sondereffekte der Vereinigung ist die Zahl der Unternehmenszusammenschlüsse seit Beginn der 90er Jahre etwa gleichgeblieben, rechnet das Bundeskartellamt in Berlin gestern in seinem 240 Seiten dicken Bericht über die Jahre 1993/94 vor. In den beiden Jahren zusammen gab es 3.078 Zusammenschlüsse. Sieben Fusionen wurden untersagt, 39 Vorhaben wurden nach dem Einspruch des Amtes aufgegeben.

Vor allem der Konzentrationsprozeß im Einzelhandel hat sich weiter fortgesetzt. Hier machten die Fusionen der Kaufhäuser Karstadt/Hertie und Kaufhof/Horten Furore. Besorgt waren die Wettbewerbsschützer auch darüber, daß sich die Energiekonzerne wie RWE, VEW und VEBA auch die Müllbranche unter den Nagel reißen. Durch die enorme Finanzkraft dieser Konzerne, die aus dem Monopolbereich Strom genährt würde, sind die bisher bestehenden wettbewerblichen Strukturen in der Entsorgungsbranche gefährdet. Die Zahl der Zusammenschlüsse in diesem Bereich stieg um 85 Prozent auf rund 260 an. Hier drohen laut Kartellamtspräsident Dieter Wolf in nächster Zeit die ersten Untersagungen.

Die Stromkonzerne engagieren sich auch im Telekommunikationsbereich. Bei der Prüfung der Allianzen auf diesem Sektor will das Kartellamt aufpassen, daß der Markt nicht schon beim Entstehen abgeschottet wird. Wolf: „Wir sehen genau hin.“ Dazu müsse jedoch auch das europäische Kartellrecht einigermaßen einheitlich sein. „Ich warne vor einer einseitigen Anpassung durch schlichte Aufgabe der deutschen Rechtsposition“, so Wolf. Das muß 1996 auf einer Konferenz der EU-Regierungschefs geklärt werden, ebenso wie die Schaffung eines Europäischen Kartellamts.

Im Zuliefererbereich der Autoindustrie gab es wegen des starken Preisdrucks seitens der Hersteller der Karossen 60 Fusionen. Weil die Betriebe aber allesamt keine marktbeherrschende Stellung hatten, gab es dort keine Bedenken.

Schlimmer war eine Ungezogenheit des Krupp/Hoesch-Konzerns: Das Unternehmen hatte die Erfüllung des sogenannten Zusagenvertrags verweigert. Mit solchen Abkommen hatte das Kartellamt die Fusion genehmigt. Die Konzerne sollten in den Bereichen, wo sie durch den Zusammenschluß marktbeherrschend geworden wären, Firmenteile verkaufen. Weil die Klage vor dem Berliner Kammergericht gegen Krupp noch läuft, ist das Amt mit den Zusagenverträgen in Zukunft erst einmal „sehr vorsichtig“, so Wolf. rem