■ Rekordumsatz beim Hüter der Zonenliteratur
: Apfelwissen der DDR sehr gefragt

Göttingen (taz) – DDR-Fachliteratur zum Thema „Obstbau“ und „Alte Obstsorten“ hat der Pomologen-Verein Westfalen vom Katlenburger Bücherpastor Martin Weskott erbeten. Zu diesen Themenbereichen habe es in der DDR „hervorragende Fachbücher gegeben, zu denen Vergleichbares in der Bundesrepublik nicht existiert“, heißt es in dem Schreiben des Vereinsvorsitzenden Hans-Joachim Bannier. Pomologie ist die Lehre vom Apfel, im weiteren Sinne vom Obstanbau.

Nach der Wende seien die Restauflagen der einschlägigen Verlage vermutlich verlorengegangen, schreibt Bannier. Da Weskott sich um die Rettung zahlreicher Bestände gekümmert habe, fragten die Pomologen bei ihm an.

Weskott, der in den vergangenen fünf Jahren gemeinsam mit seiner Gemeinde rund 600.000 weggeworfene Bücher von ostdeutschland Müllkippen oder aus Lagern nach Katlenburg geschafft hat, sagte, für die Pomologen sei „sicher was dabei“. Er wolle in den kommenden Tagen einmal seine Bestände durchsehen.

Bei Weskott haben schon zahlreiche Naturwissenschaftler und Juristen um nicht mehr lieferbare Fachbücher aus der DDR angefragt. Auf dem Evangelischen Kirchentag in Hamburg hat der Pfarrer mehr als 6.000 Bücher an Bibliophile abgegeben und dafür rund 8.000 Mark Spenden für „Brot für die Welt“ erhalten. 30 der „Müll“-Literaten, Autoren der aufgelesenen Bücher, hat Wescott bereits zu Lesungen eingeladen.

Auch der Bundesgerichtshof (BGH) bestellte vor Monatsfrist beim Bücherpastor aus dem Landkreis Northeim – und zwar fünf „Kommentare vom 19. Juni 1975, Staatsverlag der DDR, 2. Auflage 1985“. Bereits anderthalb Jahre zuvor hatte Martin Weskott dem BGH mit dem gesuchten Buch „Strafrecht in der DDR“ aus der Patsche helfen können. Reimar Paul