Polizei im Krankenhaus

■ In Haar konfiszierte der Staatsanwalt Akten von drogenkranken Knackis

München/Berlin (taz) – Mit einem Großaufgebot an Polizei und Drogenfahndern rückte gestern die Staatsanwaltschaft München im Psychiatriekrankenhaus Haar ein. Sie durchsuchten die geschlossenen Stationen, in denen straffällig gewordene Junkies entziehen. Der Durchsuchungsbefehl äußerte den pauschalen Verdacht, daß Alkohol und Drogen auf die Stationen geschmuggelt würden. Ärzte und anderes Klinikpersonal hätten dies nicht verhindert. Die Beamten beschlagnahmten mehrere Dutzend Patientenakten und andere ärztliche Unterlagen.

Gegen diese Aktion legte der Betreiber des Bezirkskrankenhauses, der Bezirk Oberbayern, Einspruch ein. Der Anwalt des Bezirks, Jerzy Montag, äußerte gegenüber der taz, die Aktion sei ein „schwerwiegender Eingriff in die Grundrechte der Drogenkranken und des Arztgeheimnisses“. Die Beschlagnahme von Patientenakten ohne konkrete Beweise auf eine Straftat sei verfassungswidrig. Dies habe das Bundesverfassungsgericht in einem ähnlichen Fall bereits 1977 festgestellt. Damals hatte die Staatsanwaltschaft in einer Suchtberatungsstelle die Akten von Klienten beschlagnahmen lassen. „Nach diesem grundsätzlichen Urteil ist ein ähnlich gelagerter Fall nicht mehr publik geworden“, sagte Jerzy Montag.

Die Klinik Haar ist die größte ihrer Art in Bayern, in der drogenabhängige Straftäter, statt in den Knast zu gehen, unter ärztlicher Betreuung in einer geschlossenen Abteilung entziehen können. Rechtsanwalt Montag betonte, in jedem Gefängnis bestehe der Verdacht des Drogenkonsums. Allein dieser rechtfertige in keiner Weise das Vorgehen der Staatsanwaltschaft. Der Anwalt zeigt sich befremdet über dieses Vorgehen, zumal das bayerische Justizministerium im Januar erklärt hatte, daß mit Beschlagnahmeaktionen von ärztlichen Unterlagen in den Bezirkskrankenhäusern nicht zu rechnen sei. Jutta Geray