Bauarbeiten spalten die Akademie

■ Im Gebäude der Akademie der Künste am Pariser Platz haben die Bauarbeiten des Hotels Adlon tiefe Risse hinterlassen / Die Sonne scheint durch die Decke / Zwei Millimeter mehr, und Sperrung ist möglich

Das Gebäude der Akademie der Künste am Pariser Platz droht in der Mitte auseinanderzubrechen. Im großen Ausstellungs- und Ateliersaal zieht sich ein handbreiter Spalt durch den Fußboden. An der Wand hat sich der Riß tief in das Mauerwerk eingegraben, das an vielen Stellen bis zu zehn Zentimeter auseinanderklafft und Löcher aufweist. Am schlimmsten erscheint die Fuge an der Decke. Dort hat sich die Mauer bereits soweit verschoben, daß der Sommerhimmel duch das Oberlicht in den Raum dringt. Auch in den anderen Räumen bröckelt es, ziehen sich tiefe Risse über die Wand. „Wir können jeden Tag sehen, wie sich die offenen Stellen vergrößern“, sagt eine Mitarbeiterin der Akademie, die die Ausstellung „Krieg- Zerstörung-Aufbau“ beaufsichtigt. „Wenn das so weitergeht, sollte das Haus geschlossen werden, bevor es zusammenkracht.“

Verantwortlich für die tiefen Spalten, die das Gebäude regelrecht in zwei Teile zerschneiden, sind die Baumaßnahmen für das benachbarte Hotel Adlon, das am Pariser Platz in den kommenden zwei Jahren entstehen soll. Bereits vor vier Wochen, so Akademie- Sprecher Meier, hätten sich die ersten Risse am Boden gezeigt. Durch die laufenden Arbeiten an der Baugrube, die Rüttelbewegungen der Maschinen und die Grundwasserabsenkung sei „der östliche Flügel kürzlich einfach abgerutscht“. Der Adlon-Bauunternehmer STRABAG sei daraufhin aufgefordert worden, die Erdarbeiten einzustellen, „was auch unverzüglich geschah“, betont Meier.

Damit das Gebäude nicht weiter abkippt, sicherten Ingenieure nach einem Gutachten von Bauverwaltung und Denkmalbehörde das Haus erst einmal mit langen Armierungseisen. „Die Fassaden werden mit sogenannten Spannstäben gehalten“, sagt STRABAG-Bauleiter Göbel mit einem gewissen Gleichmut.

Zur Kontrolle des Mauerwerks sind jetzt zwanzig „Rißmonitore“ an den neuralgischen Punken angebracht worden. Göbel: „Die Meßstellen werden täglich geprüft.“ Im Augenblick, so der Bauleiter, gebe es nur eine „spannende Stelle“ mit 95 Millimeter Spaltbreite. „Wenn sich dort der Riß um zwei Millimeter ausdehnt, wird es extrem“. Eine unmittelbare Einsturzgefahr bestehe aber nicht.

Im Unterschied zu den Mitarbeitern vor Ort denkt die Akademie der Künste noch nicht an eine Schließung. Das Palais, in das die Akademie der Künste 1907 einzog, das 1937 von Albert Speer okkupiert und im Krieg zum Teil zerstört worden war, sehe „zwar abenteuerlich aus“, sagt Meier. Die STRABAG-Ingenieure kontrollierten aber täglich. „Und wir sowie die Denkmalbehörde werfen regelmäßig ein Auge auf die Meßmarken“. Außerdem seien die Erdarbeiten des Adlon so gut wie abgeschlossen. Im kommenden Jahr will die Akademie den brüchigen Altbau mit einer modernen Glasfassade umbauen. Rolf Lautenschläger