■ Rezension der Shell-Anzeige „Wir werden uns ändern“
: Wenn Shell der Kopf ist, dann ist Greenpeace das Herz

Man spürt in jeder Zeile dieser Anzeige, wie sehr die deutsche Shell gelitten hat. Es ist eine ehrliche und richtige Reaktion auf das Debakel.

Dennoch hätte ich die Anzeige nicht wie eine Bekanntmachung der Bundesregierung gestaltet, ich hätte sie emotionaler gemacht. Bis auf die Headline wird hier sehr schön deutlich, daß sich ein großes Unternehmen durchgerungen hat, richtig zu reagieren und aus einer Sache zu lernen. Aber das alles sehr kopflastig. Wenn die Shell der Kopf ist, dann ist Greenpeace das Herz. Kurz nachdem die Entscheidung, nicht zu versenken, feststand, sah man Fotos von feiernden Greenpeace-Mitarbeitern, die Tränen in den Augen hatten. Die Emotionen schwappten über. Aber leider nicht auf die Shell. Das, was die Shell braucht, auch in einer solch prekären Situation, ist nicht nur ein richtiger Text, sondern auch ein wenig Herz. Und da Herzen in emotionalen Situationen bekanntlich schneller schlagen, hätte diese Anzeige auch noch schneller erscheinen müssen, um die ungeheure Kraft der Emotionen zu nutzen beziehungsweise umzulenken. Denn die große Kunst wäre es gewesen, den allgemeinen Bekanntheitsgrad dieses Desasters in positive Energie zugunsten von Shell umzuwandeln.

Eine Entschuldigung ist sicherlich der richtige Anfang. Aus diesem Grunde bin ich auch der Meinung, daß die Shell einen ersten souveränen Schritt getan hat. Das muß man ihr hoch anrechnen, denn auch ein angeschlagener Boxer reagiert selten souverän. Aber die Ankündigung „Wir werden uns ändern“ reicht natürlich nicht aus. Die Gesellschaft ist jetzt in hohem Maße sensibilisiert und will Taten folgen sehen. Darauf bin wahrscheinlich nicht nur ich gespannt. Manfred Schüller

Partner der Hamburger Werbeagentur Springer & Jacoby